mit einem müden und erzwungenen Lächeln, das aus einem rechten Elende hervorkam; aber sie versuchte kein Wort der Erklärung hinzuzufügen, und nachdem sie in einem kurzen richtungslosen Gespräche sich und mich furcht¬ sam überwacht hatte, begab ich mich in der sonderbarsten Verfassung von der Welt wieder nach Hause. Denn ich war so verdutzt und unbehaglich im Gemüthe, ohne mir irgend eine Rechenschaft darüber geben zu können, daß ich vorzog, allein zu bleiben. Kaum saß ich aber eine kleine Stunde bei meinen Büchern, so klopfte es an die Thüre, die Altenauer'sche Haushälterin kam herein, stellte einen Korb mit Markteinkäufen neben die Thür und setzte sich, kurz um Erlaubniß bittend, auf einen Stuhl, der unweit davon an der Wand stand.
"Sie sind noch ein junger Mann," sagte sie, "aber Sie kennen meine Herrschaft von früher her, und ich weiß, daß der Herr etwas auf Sie hält. Da kann ich mir nicht anders helfen und muß mich Ihnen anvertrauen, ob Sie einen Rath wissen in der schwierigen Sache, die mich bedrückt!"
Immer mehr betroffen und verwirrt fragte ich, was es denn sei und was denn vorgehe?
Nachdem sie sich etwas verschnauft und sich zögernd besonnen, sagte sie: "Gestern Nachts, als ich in meinem Schlafzimmer, das außerhalb unserer abgeschlossenen Wohnung in einem Zwischengeschosse liegt, noch wach war und eine zerrissene Schürze flickte, es mochte schon
mit einem müden und erzwungenen Lächeln, das aus einem rechten Elende hervorkam; aber ſie verſuchte kein Wort der Erklärung hinzuzufügen, und nachdem ſie in einem kurzen richtungsloſen Geſpräche ſich und mich furcht¬ ſam überwacht hatte, begab ich mich in der ſonderbarſten Verfaſſung von der Welt wieder nach Hauſe. Denn ich war ſo verdutzt und unbehaglich im Gemüthe, ohne mir irgend eine Rechenſchaft darüber geben zu können, daß ich vorzog, allein zu bleiben. Kaum ſaß ich aber eine kleine Stunde bei meinen Büchern, ſo klopfte es an die Thüre, die Altenauer'ſche Haushälterin kam herein, ſtellte einen Korb mit Markteinkäufen neben die Thür und ſetzte ſich, kurz um Erlaubniß bittend, auf einen Stuhl, der unweit davon an der Wand ſtand.
„Sie ſind noch ein junger Mann,“ ſagte ſie, „aber Sie kennen meine Herrſchaft von früher her, und ich weiß, daß der Herr etwas auf Sie hält. Da kann ich mir nicht anders helfen und muß mich Ihnen anvertrauen, ob Sie einen Rath wiſſen in der ſchwierigen Sache, die mich bedrückt!“
Immer mehr betroffen und verwirrt fragte ich, was es denn ſei und was denn vorgehe?
Nachdem ſie ſich etwas verſchnauft und ſich zögernd beſonnen, ſagte ſie: „Geſtern Nachts, als ich in meinem Schlafzimmer, das außerhalb unſerer abgeſchloſſenen Wohnung in einem Zwiſchengeſchoſſe liegt, noch wach war und eine zerriſſene Schürze flickte, es mochte ſchon
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mit einem müden und erzwungenen Lächeln, das aus
einem rechten Elende hervorkam; aber ſie verſuchte kein
Wort der Erklärung hinzuzufügen, und nachdem ſie in
einem kurzen richtungsloſen Geſpräche ſich und mich furcht¬
ſam überwacht hatte, begab ich mich in der ſonderbarſten
Verfaſſung von der Welt wieder nach Hauſe. Denn ich
war ſo verdutzt und unbehaglich im Gemüthe, ohne mir
irgend eine Rechenſchaft darüber geben zu können, daß
ich vorzog, allein zu bleiben. Kaum ſaß ich aber eine
kleine Stunde bei meinen Büchern, ſo klopfte es an die
Thüre, die Altenauer'ſche Haushälterin kam herein, ſtellte
einen Korb mit Markteinkäufen neben die Thür und ſetzte
ſich, kurz um Erlaubniß bittend, auf einen Stuhl, der
unweit davon an der Wand ſtand.
„Sie ſind noch ein junger Mann,“ ſagte ſie, „aber
Sie kennen meine Herrſchaft von früher her, und ich
weiß, daß der Herr etwas auf Sie hält. Da kann ich
mir nicht anders helfen und muß mich Ihnen anvertrauen,
ob Sie einen Rath wiſſen in der ſchwierigen Sache, die
mich bedrückt!“
Immer mehr betroffen und verwirrt fragte ich, was
es denn ſei und was denn vorgehe?
Nachdem ſie ſich etwas verſchnauft und ſich zögernd
beſonnen, ſagte ſie: „Geſtern Nachts, als ich in meinem
Schlafzimmer, das außerhalb unſerer abgeſchloſſenen
Wohnung in einem Zwiſchengeſchoſſe liegt, noch wach
war und eine zerriſſene Schürze flickte, es mochte ſchon
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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/132>, abgerufen am 24.11.2024.
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