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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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darauf eine große Albernheit oder Verdrehtheit
einzuwerfen, was sie dann als ihre weibliche
Anmuth und Beweglichkeit ausgäben, im Grunde
aber eine Unredlichkeit sei, und um so abscheu¬
licher, als sie halb und halb von bewußter
Absicht begleitet sei, um hinter diesem Durchein¬
ander allen schlechten Instinkten und Querköpfig¬
keiten desto bequemer zu fröhnen. Deshalb
schmollte und grollte ich von vornherein mit
allem Weibervolk und würdigte keines eines
offenkundigen Blickes. In Indien, als ich mehr
zufrieden war und keinen Groll fürder hegte,
gab es zwar viel Frauensleute, sowohl indi¬
schen Geblütes, als auch eine Menge englischer,
da viele Kaufleute, Officiere und Soldaten ihre
Familie bei sich hatten. Doch diese Indierinnen,
die schön waren wie die Blumen und gut wie
Zucker aussahen und sprachen, waren eben nichts
weiter als dies und rührten mich nicht im min¬
desten, da Schönheit und Güte ohne Salz und
Wehrbarkeit mir langweilig vorkamen, und es
war mir peinlich zu denken, wie eine solche Frau,
wenn sie mein wäre, sich auf keine Weise gegen
meine etwanigen schlimmen Launen zu wehren

darauf eine große Albernheit oder Verdrehtheit
einzuwerfen, was ſie dann als ihre weibliche
Anmuth und Beweglichkeit ausgäben, im Grunde
aber eine Unredlichkeit ſei, und um ſo abſcheu¬
licher, als ſie halb und halb von bewußter
Abſicht begleitet ſei, um hinter dieſem Durchein¬
ander allen ſchlechten Inſtinkten und Querköpfig¬
keiten deſto bequemer zu fröhnen. Deshalb
ſchmollte und grollte ich von vornherein mit
allem Weibervolk und würdigte keines eines
offenkundigen Blickes. In Indien, als ich mehr
zufrieden war und keinen Groll fürder hegte,
gab es zwar viel Frauensleute, ſowohl indi¬
ſchen Geblütes, als auch eine Menge engliſcher,
da viele Kaufleute, Officiere und Soldaten ihre
Familie bei ſich hatten. Doch dieſe Indierinnen,
die ſchön waren wie die Blumen und gut wie
Zucker ausſahen und ſprachen, waren eben nichts
weiter als dies und rührten mich nicht im min¬
deſten, da Schönheit und Güte ohne Salz und
Wehrbarkeit mir langweilig vorkamen, und es
war mir peinlich zu denken, wie eine ſolche Frau,
wenn ſie mein wäre, ſich auf keine Weiſe gegen
meine etwanigen ſchlimmen Launen zu wehren

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[54/0066] darauf eine große Albernheit oder Verdrehtheit einzuwerfen, was ſie dann als ihre weibliche Anmuth und Beweglichkeit ausgäben, im Grunde aber eine Unredlichkeit ſei, und um ſo abſcheu¬ licher, als ſie halb und halb von bewußter Abſicht begleitet ſei, um hinter dieſem Durchein¬ ander allen ſchlechten Inſtinkten und Querköpfig¬ keiten deſto bequemer zu fröhnen. Deshalb ſchmollte und grollte ich von vornherein mit allem Weibervolk und würdigte keines eines offenkundigen Blickes. In Indien, als ich mehr zufrieden war und keinen Groll fürder hegte, gab es zwar viel Frauensleute, ſowohl indi¬ ſchen Geblütes, als auch eine Menge engliſcher, da viele Kaufleute, Officiere und Soldaten ihre Familie bei ſich hatten. Doch dieſe Indierinnen, die ſchön waren wie die Blumen und gut wie Zucker ausſahen und ſprachen, waren eben nichts weiter als dies und rührten mich nicht im min¬ deſten, da Schönheit und Güte ohne Salz und Wehrbarkeit mir langweilig vorkamen, und es war mir peinlich zu denken, wie eine ſolche Frau, wenn ſie mein wäre, ſich auf keine Weiſe gegen meine etwanigen ſchlimmen Launen zu wehren

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/66>, abgerufen am 25.11.2024.