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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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und lächelnd, um es mit Niemand zu verderben:
"Ach, der Herr Pineiß belieben zu scherzen!"
"Mit Nichten! rief Pineiß," es ist mir voller
Ernst! Ich brauche Katzenschmeer vorzüglich zur
Hexerei; aber er muß mir vertragsmäßig und
freiwillig von den werthen Herren Katzen abge¬
treten werden, sonst ist er unwirksam. Ich
denke, wenn je ein wackeres Kätzlein in der
Lage war, einen vortheilhaften Handel abzu¬
schließen, so bist es Du! Begieb Dich in meinen
Dienst; ich füttere Dich herrlich heraus, mache
Dich fett und kugelrund mit Würstchen und ge¬
bratenen Wachteln. Auf dem ungeheuer hohen
alten Dache meines Hauses, welches nebenbei
gesagt das köstlichste Dach von der Welt ist für
eine Katze, voll interessanter Gegenden und
Winkel, wächst auf den sonnigsten Höhen treff¬
liches Spitzgras, grün wie Smaragd, schlank
und fein in den Lüften schwankend, Dich ein¬
ladend, die zartesten Spitzen abzubeißen und zu
genießen, wenn Du Dir an meinen Leckerbissen
eine leichte Unverdaulichkeit zugezogen hast. So wirst
Du bei trefflicher Gesundheit bleiben und mir der¬
einst einen kräftigen brauchbaren Schmeer liefern!"

und lächelnd, um es mit Niemand zu verderben:
»Ach, der Herr Pineiß belieben zu ſcherzen!«
»Mit Nichten! rief Pineiß,« es iſt mir voller
Ernſt! Ich brauche Katzenſchmeer vorzüglich zur
Hexerei; aber er muß mir vertragsmäßig und
freiwillig von den werthen Herren Katzen abge¬
treten werden, ſonſt iſt er unwirkſam. Ich
denke, wenn je ein wackeres Kätzlein in der
Lage war, einen vortheilhaften Handel abzu¬
ſchließen, ſo biſt es Du! Begieb Dich in meinen
Dienſt; ich füttere Dich herrlich heraus, mache
Dich fett und kugelrund mit Würſtchen und ge¬
bratenen Wachteln. Auf dem ungeheuer hohen
alten Dache meines Hauſes, welches nebenbei
geſagt das köſtlichſte Dach von der Welt iſt für
eine Katze, voll intereſſanter Gegenden und
Winkel, wächſt auf den ſonnigſten Höhen treff¬
liches Spitzgras, grün wie Smaragd, ſchlank
und fein in den Lüften ſchwankend, Dich ein¬
ladend, die zarteſten Spitzen abzubeißen und zu
genießen, wenn Du Dir an meinen Leckerbiſſen
eine leichte Unverdaulichkeit zugezogen haſt. So wirſt
Du bei trefflicher Geſundheit bleiben und mir der¬
einſt einen kräftigen brauchbaren Schmeer liefern!«

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[455/0467] und lächelnd, um es mit Niemand zu verderben: »Ach, der Herr Pineiß belieben zu ſcherzen!« »Mit Nichten! rief Pineiß,« es iſt mir voller Ernſt! Ich brauche Katzenſchmeer vorzüglich zur Hexerei; aber er muß mir vertragsmäßig und freiwillig von den werthen Herren Katzen abge¬ treten werden, ſonſt iſt er unwirkſam. Ich denke, wenn je ein wackeres Kätzlein in der Lage war, einen vortheilhaften Handel abzu¬ ſchließen, ſo biſt es Du! Begieb Dich in meinen Dienſt; ich füttere Dich herrlich heraus, mache Dich fett und kugelrund mit Würſtchen und ge¬ bratenen Wachteln. Auf dem ungeheuer hohen alten Dache meines Hauſes, welches nebenbei geſagt das köſtlichſte Dach von der Welt iſt für eine Katze, voll intereſſanter Gegenden und Winkel, wächſt auf den ſonnigſten Höhen treff¬ liches Spitzgras, grün wie Smaragd, ſchlank und fein in den Lüften ſchwankend, Dich ein¬ ladend, die zarteſten Spitzen abzubeißen und zu genießen, wenn Du Dir an meinen Leckerbiſſen eine leichte Unverdaulichkeit zugezogen haſt. So wirſt Du bei trefflicher Geſundheit bleiben und mir der¬ einſt einen kräftigen brauchbaren Schmeer liefern!«

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/467>, abgerufen am 21.05.2024.