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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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sollte gerade in dem Alter, wo man zu Seldwyl
sonst fertig war. Was wollte der denn nun
beginnen? Wollte er wirklich am Orte bleiben,
ohne ein Herabgekommener zu sein die übrige
Zeit seines Lebens hindurch, besonders wenn er
etwa alt würde? Und wie hatte er es an¬
gefangen? Was zum Teufel hatte der unbe¬
achtete und unscheinbare junge Mensch betrieben
die lange Jugend hindurch, ohne sich aufzubrau¬
chen? Das war die Frage, die alle Gemüther
bewegte, und sie fanden durchaus keinen Schlüs¬
sel, das Räthsel zu lösen, weil ihre Menschen-
oder Seelenkunde zu klein war, um zu wissen,
daß gerade die herbe und bittere Gemüthsart,
welche ihm und seinen Angehörigen so bittere
Schmerzen bereitet, sein Wesen im Übrigen wohl¬
konservirt, wie der scharfe Kampher einen Schmet¬
terling, und ihm über das gefährliche Seldwyler
Glanzalter hinweggeholfen hatte. Um die Frage
zu lösen, stellte man überhaupt die Wahrheit des
Ereignisses in Frage und bestritt dessen Mög¬
lichkeit, und um diese Auffassung zu bestätigen,
wurden verschiedene alte Falliten nach dem Plätz¬
chen abgesandt, so daß Pankraz, dessen schon

ſollte gerade in dem Alter, wo man zu Seldwyl
ſonſt fertig war. Was wollte der denn nun
beginnen? Wollte er wirklich am Orte bleiben,
ohne ein Herabgekommener zu ſein die übrige
Zeit ſeines Lebens hindurch, beſonders wenn er
etwa alt würde? Und wie hatte er es an¬
gefangen? Was zum Teufel hatte der unbe¬
achtete und unſcheinbare junge Menſch betrieben
die lange Jugend hindurch, ohne ſich aufzubrau¬
chen? Das war die Frage, die alle Gemüther
bewegte, und ſie fanden durchaus keinen Schlüſ¬
ſel, das Räthſel zu löſen, weil ihre Menſchen-
oder Seelenkunde zu klein war, um zu wiſſen,
daß gerade die herbe und bittere Gemüthsart,
welche ihm und ſeinen Angehörigen ſo bittere
Schmerzen bereitet, ſein Weſen im Übrigen wohl¬
konſervirt, wie der ſcharfe Kampher einen Schmet¬
terling, und ihm über das gefährliche Seldwyler
Glanzalter hinweggeholfen hatte. Um die Frage
zu löſen, ſtellte man überhaupt die Wahrheit des
Ereigniſſes in Frage und beſtritt deſſen Mög¬
lichkeit, und um dieſe Auffaſſung zu beſtätigen,
wurden verſchiedene alte Falliten nach dem Plätz¬
chen abgeſandt, ſo daß Pankraz, deſſen ſchon

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[32/0044] ſollte gerade in dem Alter, wo man zu Seldwyl ſonſt fertig war. Was wollte der denn nun beginnen? Wollte er wirklich am Orte bleiben, ohne ein Herabgekommener zu ſein die übrige Zeit ſeines Lebens hindurch, beſonders wenn er etwa alt würde? Und wie hatte er es an¬ gefangen? Was zum Teufel hatte der unbe¬ achtete und unſcheinbare junge Menſch betrieben die lange Jugend hindurch, ohne ſich aufzubrau¬ chen? Das war die Frage, die alle Gemüther bewegte, und ſie fanden durchaus keinen Schlüſ¬ ſel, das Räthſel zu löſen, weil ihre Menſchen- oder Seelenkunde zu klein war, um zu wiſſen, daß gerade die herbe und bittere Gemüthsart, welche ihm und ſeinen Angehörigen ſo bittere Schmerzen bereitet, ſein Weſen im Übrigen wohl¬ konſervirt, wie der ſcharfe Kampher einen Schmet¬ terling, und ihm über das gefährliche Seldwyler Glanzalter hinweggeholfen hatte. Um die Frage zu löſen, ſtellte man überhaupt die Wahrheit des Ereigniſſes in Frage und beſtritt deſſen Mög¬ lichkeit, und um dieſe Auffaſſung zu beſtätigen, wurden verſchiedene alte Falliten nach dem Plätz¬ chen abgeſandt, ſo daß Pankraz, deſſen ſchon

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/44>, abgerufen am 24.11.2024.