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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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den Augen nach ihrem Sesselchen ging und den
Bruder unverwandt anblickte.

Pankraz war der Erste, der sich nach meh¬
reren Minuten wieder zusammen nahm und als
ein guter Soldat einen Übergang und Ausweg
dadurch bewerkstelligte, daß er sein Gepäck
herauf beförderte. Die Mutter wollte mit Est¬
herchen helfen; aber er führte sie äußerst hold¬
selig zu ihrem Sitze zurück, und duldete nur,
daß Estherchen zum Wagen herunterkam und sich
mit einigen leichten Sachen belud. Den weite¬
ren Verlauf führte indessen Estherchen herbei,
welche bald ihren guten Humor wiedergewann
und nicht länger unterlassen konnte, die Löwen¬
haut an dem langen gewaltigen Schwanze zu
packen und auf dem Boden herumzuziehen, in¬
dem sie sich krank lachen wollte und einmal über
das andere rief: Was ist dies nur für ein
Pelz? Was ist dies für ein Ungeheuer?

"Dies ist, sagte Pankraz, seinen Fuß auf
das Fell stoßend, vor drei Monaten noch ein
lebendiger Löwe gewesen, den ich getödtet habe.
Dieser Bursche war mein Lehrer und Bekehrer
und hat mir zwölf Stunden lang so eindringlich

den Augen nach ihrem Seſſelchen ging und den
Bruder unverwandt anblickte.

Pankraz war der Erſte, der ſich nach meh¬
reren Minuten wieder zuſammen nahm und als
ein guter Soldat einen Übergang und Ausweg
dadurch bewerkſtelligte, daß er ſein Gepäck
herauf beförderte. Die Mutter wollte mit Eſt¬
herchen helfen; aber er führte ſie äußerſt hold¬
ſelig zu ihrem Sitze zurück, und duldete nur,
daß Eſtherchen zum Wagen herunterkam und ſich
mit einigen leichten Sachen belud. Den weite¬
ren Verlauf führte indeſſen Eſtherchen herbei,
welche bald ihren guten Humor wiedergewann
und nicht länger unterlaſſen konnte, die Löwen¬
haut an dem langen gewaltigen Schwanze zu
packen und auf dem Boden herumzuziehen, in¬
dem ſie ſich krank lachen wollte und einmal über
das andere rief: Was iſt dies nur für ein
Pelz? Was iſt dies für ein Ungeheuer?

»Dies iſt, ſagte Pankraz, ſeinen Fuß auf
das Fell ſtoßend, vor drei Monaten noch ein
lebendiger Löwe geweſen, den ich getödtet habe.
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und hat mir zwölf Stunden lang ſo eindringlich

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[28/0040] den Augen nach ihrem Seſſelchen ging und den Bruder unverwandt anblickte. Pankraz war der Erſte, der ſich nach meh¬ reren Minuten wieder zuſammen nahm und als ein guter Soldat einen Übergang und Ausweg dadurch bewerkſtelligte, daß er ſein Gepäck herauf beförderte. Die Mutter wollte mit Eſt¬ herchen helfen; aber er führte ſie äußerſt hold¬ ſelig zu ihrem Sitze zurück, und duldete nur, daß Eſtherchen zum Wagen herunterkam und ſich mit einigen leichten Sachen belud. Den weite¬ ren Verlauf führte indeſſen Eſtherchen herbei, welche bald ihren guten Humor wiedergewann und nicht länger unterlaſſen konnte, die Löwen¬ haut an dem langen gewaltigen Schwanze zu packen und auf dem Boden herumzuziehen, in¬ dem ſie ſich krank lachen wollte und einmal über das andere rief: Was iſt dies nur für ein Pelz? Was iſt dies für ein Ungeheuer? »Dies iſt, ſagte Pankraz, ſeinen Fuß auf das Fell ſtoßend, vor drei Monaten noch ein lebendiger Löwe geweſen, den ich getödtet habe. Dieſer Burſche war mein Lehrer und Bekehrer und hat mir zwölf Stunden lang ſo eindringlich

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/40>, abgerufen am 24.11.2024.