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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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Ankunft das Äußere seines Felleisens geziert;
denn das Jahr hat nur zwei und funfzig Sonn¬
tage, und von diesen wurde nur die Hälfte zu
einem kleinen Spaziergange verwandt. Niemand
konnte sich rühmen, je ein kleines oder großes
Stück Geld in seiner Hand gesehen zu haben;
denn wenn er seinen Lohn empfing, verschwand
dieser auf der Stelle auf die geheimnißvollste
Weise, und selbst wenn er vor das Thor ging,
steckte er nicht einen Deut zu sich, so daß es
ihm gar nicht möglich war, etwas auszugeben.
Wenn Weiber mit Kirschen, Pflaumen oder Bir¬
nen in die Werkstatt kamen und die anderen
Arbeiter ihre Gelüste befriedigten, hatte er auch
tausend und ein Gelüste, welche er dadurch zu
beruhigen wußte, daß er mit der größten Auf¬
merksamkeit die Verhandlung mit führte, die
hübschen Kirschen und Pflaumen streichelte und
betastete und zuletzt die Weiber, welche ihn für
den eifrigsten Käufer genommen, verblüfft abziehen
ließ, sich seiner Enthaltsamkeit freuend, und mit
zufriedenem Vergnügen, mit tausend kleinen Rath¬
schlägen, wie sie die gekauften Äpfel braten oder
schälen sollten, sah er seine Mitgesellen essen.

Ankunft das Äußere ſeines Felleiſens geziert;
denn das Jahr hat nur zwei und funfzig Sonn¬
tage, und von dieſen wurde nur die Hälfte zu
einem kleinen Spaziergange verwandt. Niemand
konnte ſich rühmen, je ein kleines oder großes
Stück Geld in ſeiner Hand geſehen zu haben;
denn wenn er ſeinen Lohn empfing, verſchwand
dieſer auf der Stelle auf die geheimnißvollſte
Weiſe, und ſelbſt wenn er vor das Thor ging,
ſteckte er nicht einen Deut zu ſich, ſo daß es
ihm gar nicht möglich war, etwas auszugeben.
Wenn Weiber mit Kirſchen, Pflaumen oder Bir¬
nen in die Werkſtatt kamen und die anderen
Arbeiter ihre Gelüſte befriedigten, hatte er auch
tauſend und ein Gelüſte, welche er dadurch zu
beruhigen wußte, daß er mit der größten Auf¬
merkſamkeit die Verhandlung mit führte, die
hübſchen Kirſchen und Pflaumen ſtreichelte und
betaſtete und zuletzt die Weiber, welche ihn für
den eifrigſten Käufer genommen, verblüfft abziehen
ließ, ſich ſeiner Enthaltſamkeit freuend, und mit
zufriedenem Vergnügen, mit tauſend kleinen Rath¬
ſchlägen, wie ſie die gekauften Äpfel braten oder
ſchälen ſollten, ſah er ſeine Mitgeſellen eſſen.

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[373/0385] Ankunft das Äußere ſeines Felleiſens geziert; denn das Jahr hat nur zwei und funfzig Sonn¬ tage, und von dieſen wurde nur die Hälfte zu einem kleinen Spaziergange verwandt. Niemand konnte ſich rühmen, je ein kleines oder großes Stück Geld in ſeiner Hand geſehen zu haben; denn wenn er ſeinen Lohn empfing, verſchwand dieſer auf der Stelle auf die geheimnißvollſte Weiſe, und ſelbſt wenn er vor das Thor ging, ſteckte er nicht einen Deut zu ſich, ſo daß es ihm gar nicht möglich war, etwas auszugeben. Wenn Weiber mit Kirſchen, Pflaumen oder Bir¬ nen in die Werkſtatt kamen und die anderen Arbeiter ihre Gelüſte befriedigten, hatte er auch tauſend und ein Gelüſte, welche er dadurch zu beruhigen wußte, daß er mit der größten Auf¬ merkſamkeit die Verhandlung mit führte, die hübſchen Kirſchen und Pflaumen ſtreichelte und betaſtete und zuletzt die Weiber, welche ihn für den eifrigſten Käufer genommen, verblüfft abziehen ließ, ſich ſeiner Enthaltſamkeit freuend, und mit zufriedenem Vergnügen, mit tauſend kleinen Rath¬ ſchlägen, wie ſie die gekauften Äpfel braten oder ſchälen ſollten, ſah er ſeine Mitgeſellen eſſen.

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/385>, abgerufen am 28.11.2024.