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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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Dann sagte sie seufzend: "Ich werde es nicht
erleben, daß er wiederkommt!"

Indem sie dies sagte, begab sich die größte
Merkwürdigkeit dieses Tages und ein offener
Reisewagen mit einem Extrapostillon fuhr mit
Macht auf das stille Plätzchen, das von der
Abendsonne noch halb bestreift war. In dem
Wagen saß ein Mann, der eine Mütze trug wie
die französischen Officiere sie tragen, und eben
so trug er einen Schnurr- und Kinnbart und ein
gänzlich gebräuntes und ausgedörrtes Gesicht zur
Schau, das überdies einige Spuren von Kugeln
und Säbelhieben zeigte. Auch war er in einen
Burnus gehüllt, alles dies, wie es französische
Militairs aus Afrika mitzubringen pflegen, und
die Füße stemmte er gegen eine kolossale Löwen¬
haut, welche auf dem Boden des Wagens lag;
auf dem Rücksitze vor ihm lag ein Säbel und
eine halblange arabische Pfeife neben andern
fremdartigen Gegenständen.

Dieser Mann sperrte ungeachtet des ernsten
Gesichtes, das er machte, die Augen weit auf
und suchte mit denselben rings auf dem Platze
ein Haus, wie Einer der aus einem schweren

Dann ſagte ſie ſeufzend: »Ich werde es nicht
erleben, daß er wiederkommt!«

Indem ſie dies ſagte, begab ſich die größte
Merkwürdigkeit dieſes Tages und ein offener
Reiſewagen mit einem Extrapoſtillon fuhr mit
Macht auf das ſtille Plätzchen, das von der
Abendſonne noch halb beſtreift war. In dem
Wagen ſaß ein Mann, der eine Mütze trug wie
die franzöſiſchen Officiere ſie tragen, und eben
ſo trug er einen Schnurr- und Kinnbart und ein
gänzlich gebräuntes und ausgedörrtes Geſicht zur
Schau, das überdies einige Spuren von Kugeln
und Säbelhieben zeigte. Auch war er in einen
Burnus gehüllt, alles dies, wie es franzöſiſche
Militairs aus Afrika mitzubringen pflegen, und
die Füße ſtemmte er gegen eine koloſſale Löwen¬
haut, welche auf dem Boden des Wagens lag;
auf dem Rückſitze vor ihm lag ein Säbel und
eine halblange arabiſche Pfeife neben andern
fremdartigen Gegenſtänden.

Dieſer Mann ſperrte ungeachtet des ernſten
Geſichtes, das er machte, die Augen weit auf
und ſuchte mit denſelben rings auf dem Platze
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[24/0036] Dann ſagte ſie ſeufzend: »Ich werde es nicht erleben, daß er wiederkommt!« Indem ſie dies ſagte, begab ſich die größte Merkwürdigkeit dieſes Tages und ein offener Reiſewagen mit einem Extrapoſtillon fuhr mit Macht auf das ſtille Plätzchen, das von der Abendſonne noch halb beſtreift war. In dem Wagen ſaß ein Mann, der eine Mütze trug wie die franzöſiſchen Officiere ſie tragen, und eben ſo trug er einen Schnurr- und Kinnbart und ein gänzlich gebräuntes und ausgedörrtes Geſicht zur Schau, das überdies einige Spuren von Kugeln und Säbelhieben zeigte. Auch war er in einen Burnus gehüllt, alles dies, wie es franzöſiſche Militairs aus Afrika mitzubringen pflegen, und die Füße ſtemmte er gegen eine koloſſale Löwen¬ haut, welche auf dem Boden des Wagens lag; auf dem Rückſitze vor ihm lag ein Säbel und eine halblange arabiſche Pfeife neben andern fremdartigen Gegenſtänden. Dieſer Mann ſperrte ungeachtet des ernſten Geſichtes, das er machte, die Augen weit auf und ſuchte mit denſelben rings auf dem Platze ein Haus, wie Einer der aus einem ſchweren

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/36>, abgerufen am 29.03.2024.