tanzen. Aber jedesmal, wenn sie ein Weilchen getrennt gewesen, flogen sie zusammen und fei¬ erten ein Wiedersehen, als ob sie sich Jahre lang gesucht und endlich gefunden. Sali machte ein trauriges und unmuthiges Gesicht wenn er mit einer Andern tanzte und drehte fortwährend das Gesicht nach Vrenchen hin, welches ihn nicht ansah, wenn es vorüberdrehte, glühte wie eine Purpurrose und überglücklich schien, mit wem es auch tanzte. "Bist Du eifersüchtig, Sali?" fragte es ihn, als die Musikanten müde waren und aufhörten. "Gott bewahre!" sagte er, "ich wüßte nicht, wie ich es anfangen sollte!" "Warum bist Du denn so bös, wenn ich mit Andern tanze?" "Ich bin nicht darüber bös, sondern weil ich mit Andern tanzen muß! Ich kann kein anderes Mädchen ausstehen, es ist mir, als wenn ich ein Stück Holz im Arm habe, wenn Du es nicht bist!" "Und Du? wie geht es Dir?" "O, ich bin immer wie im Himmel, wenn ich nur tanze und weiß, daß Du zugegen bist! Aber ich glaube, ich würde so¬ gleich todt umfallen, wenn Du weggingest und mich da ließest!" Sie waren hinabgegangen
tanzen. Aber jedesmal, wenn ſie ein Weilchen getrennt geweſen, flogen ſie zuſammen und fei¬ erten ein Wiederſehen, als ob ſie ſich Jahre lang geſucht und endlich gefunden. Sali machte ein trauriges und unmuthiges Geſicht wenn er mit einer Andern tanzte und drehte fortwährend das Geſicht nach Vrenchen hin, welches ihn nicht anſah, wenn es vorüberdrehte, glühte wie eine Purpurroſe und überglücklich ſchien, mit wem es auch tanzte. »Biſt Du eiferſüchtig, Sali?« fragte es ihn, als die Muſikanten müde waren und aufhörten. »Gott bewahre!« ſagte er, »ich wüßte nicht, wie ich es anfangen ſollte!« »Warum biſt Du denn ſo bös, wenn ich mit Andern tanze?« »Ich bin nicht darüber bös, ſondern weil ich mit Andern tanzen muß! Ich kann kein anderes Mädchen ausſtehen, es iſt mir, als wenn ich ein Stück Holz im Arm habe, wenn Du es nicht biſt!« »Und Du? wie geht es Dir?« »O, ich bin immer wie im Himmel, wenn ich nur tanze und weiß, daß Du zugegen biſt! Aber ich glaube, ich würde ſo¬ gleich todt umfallen, wenn Du weggingeſt und mich da ließeſt!« Sie waren hinabgegangen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0352"n="340"/>
tanzen. Aber jedesmal, wenn ſie ein Weilchen<lb/>
getrennt geweſen, flogen ſie zuſammen und fei¬<lb/>
erten ein Wiederſehen, als ob ſie ſich Jahre<lb/>
lang geſucht und endlich gefunden. Sali machte<lb/>
ein trauriges und unmuthiges Geſicht wenn er<lb/>
mit einer Andern tanzte und drehte fortwährend<lb/>
das Geſicht nach Vrenchen hin, welches ihn<lb/>
nicht anſah, wenn es vorüberdrehte, glühte wie<lb/>
eine Purpurroſe und überglücklich ſchien, mit<lb/>
wem es auch tanzte. »Biſt Du eiferſüchtig,<lb/>
Sali?« fragte es ihn, als die Muſikanten müde<lb/>
waren und aufhörten. »Gott bewahre!« ſagte<lb/>
er, »ich wüßte nicht, wie ich es anfangen ſollte!«<lb/>
»Warum biſt Du denn ſo bös, wenn ich mit<lb/>
Andern tanze?« »Ich bin nicht darüber bös,<lb/>ſondern weil ich mit Andern tanzen muß! Ich<lb/>
kann kein anderes Mädchen ausſtehen, es iſt mir,<lb/>
als wenn ich ein Stück Holz im Arm habe,<lb/>
wenn Du es nicht biſt!« »Und Du? wie<lb/>
geht es Dir?« »O, ich bin immer wie im<lb/>
Himmel, wenn ich nur tanze und weiß, daß Du<lb/>
zugegen biſt! Aber ich glaube, ich würde ſo¬<lb/>
gleich todt umfallen, wenn Du weggingeſt und<lb/>
mich da ließeſt!« Sie waren hinabgegangen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[340/0352]
tanzen. Aber jedesmal, wenn ſie ein Weilchen
getrennt geweſen, flogen ſie zuſammen und fei¬
erten ein Wiederſehen, als ob ſie ſich Jahre
lang geſucht und endlich gefunden. Sali machte
ein trauriges und unmuthiges Geſicht wenn er
mit einer Andern tanzte und drehte fortwährend
das Geſicht nach Vrenchen hin, welches ihn
nicht anſah, wenn es vorüberdrehte, glühte wie
eine Purpurroſe und überglücklich ſchien, mit
wem es auch tanzte. »Biſt Du eiferſüchtig,
Sali?« fragte es ihn, als die Muſikanten müde
waren und aufhörten. »Gott bewahre!« ſagte
er, »ich wüßte nicht, wie ich es anfangen ſollte!«
»Warum biſt Du denn ſo bös, wenn ich mit
Andern tanze?« »Ich bin nicht darüber bös,
ſondern weil ich mit Andern tanzen muß! Ich
kann kein anderes Mädchen ausſtehen, es iſt mir,
als wenn ich ein Stück Holz im Arm habe,
wenn Du es nicht biſt!« »Und Du? wie
geht es Dir?« »O, ich bin immer wie im
Himmel, wenn ich nur tanze und weiß, daß Du
zugegen biſt! Aber ich glaube, ich würde ſo¬
gleich todt umfallen, wenn Du weggingeſt und
mich da ließeſt!« Sie waren hinabgegangen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/352>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.