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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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hat es mit mir zu thun. Hör' Sali! daß Du
nur recht artlich bist mit meinem Vreeli, oder
ich will Dir den Meister zeigen, Du Glückskind,
das Du bist, ein solches Röslein zu brechen!"
"So nehmt jetzt auch hier noch mein Bündel
mit, wie ihr mir versprochen habt, bis ich es
abholen lassen werde! Vielleicht komme ich aber
selbst in der Kutsche und hole es ab, wenn ihr
nichts dagegen habt! Ein Töpfchen Milch werdet
ihr mir nicht abschlagen alsdann, und etwa eine
schöne Mandeltorte dazu werde ich schon selbst
mitbringen!" "Tausendskind! Gieb' her den
Bündel!" Vrenchen lud ihr auf das zusammenge¬
bundene Bett, das sie schon auf dem Kopfe trug,
einen langen Sack, in welchen es sein Plunder
und Habseliges gestopft, so daß die arme Frau
mit einem schwankenden Thurme auf dem Haupte
dastand. "Es wird mir doch fast zu schwer
auf einmal, sagte sie, könnte ich nicht zwei mal
dran machen?" "Nein nein! wir müssen jetzt
augenblicklich gehen, denn wir haben einen weiten
Weg, um vornehme Verwandte zu besuchen, die
sich jetzt gezeigt haben, seit wir reich sind! Ihr
wißt ja, wie es geht!" "Weiß wohl! so behüt

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hat es mit mir zu thun. Hör' Sali! daß Du
nur recht artlich biſt mit meinem Vreeli, oder
ich will Dir den Meiſter zeigen, Du Glückskind,
das Du biſt, ein ſolches Röslein zu brechen!«
»So nehmt jetzt auch hier noch mein Bündel
mit, wie ihr mir verſprochen habt, bis ich es
abholen laſſen werde! Vielleicht komme ich aber
ſelbſt in der Kutſche und hole es ab, wenn ihr
nichts dagegen habt! Ein Töpfchen Milch werdet
ihr mir nicht abſchlagen alsdann, und etwa eine
ſchöne Mandeltorte dazu werde ich ſchon ſelbſt
mitbringen!« »Tauſendskind! Gieb' her den
Bündel!« Vrenchen lud ihr auf das zuſammenge¬
bundene Bett, das ſie ſchon auf dem Kopfe trug,
einen langen Sack, in welchen es ſein Plunder
und Habſeliges geſtopft, ſo daß die arme Frau
mit einem ſchwankenden Thurme auf dem Haupte
daſtand. »Es wird mir doch faſt zu ſchwer
auf einmal, ſagte ſie, könnte ich nicht zwei mal
dran machen?« »Nein nein! wir müſſen jetzt
augenblicklich gehen, denn wir haben einen weiten
Weg, um vornehme Verwandte zu beſuchen, die
ſich jetzt gezeigt haben, ſeit wir reich ſind! Ihr
wißt ja, wie es geht!« »Weiß wohl! ſo behüt

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[313/0325] hat es mit mir zu thun. Hör' Sali! daß Du nur recht artlich biſt mit meinem Vreeli, oder ich will Dir den Meiſter zeigen, Du Glückskind, das Du biſt, ein ſolches Röslein zu brechen!« »So nehmt jetzt auch hier noch mein Bündel mit, wie ihr mir verſprochen habt, bis ich es abholen laſſen werde! Vielleicht komme ich aber ſelbſt in der Kutſche und hole es ab, wenn ihr nichts dagegen habt! Ein Töpfchen Milch werdet ihr mir nicht abſchlagen alsdann, und etwa eine ſchöne Mandeltorte dazu werde ich ſchon ſelbſt mitbringen!« »Tauſendskind! Gieb' her den Bündel!« Vrenchen lud ihr auf das zuſammenge¬ bundene Bett, das ſie ſchon auf dem Kopfe trug, einen langen Sack, in welchen es ſein Plunder und Habſeliges geſtopft, ſo daß die arme Frau mit einem ſchwankenden Thurme auf dem Haupte daſtand. »Es wird mir doch faſt zu ſchwer auf einmal, ſagte ſie, könnte ich nicht zwei mal dran machen?« »Nein nein! wir müſſen jetzt augenblicklich gehen, denn wir haben einen weiten Weg, um vornehme Verwandte zu beſuchen, die ſich jetzt gezeigt haben, ſeit wir reich ſind! Ihr wißt ja, wie es geht!« »Weiß wohl! ſo behüt 20 *

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/325>, abgerufen am 13.05.2024.