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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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hast Du mir doch immer im Sinn gelegen!"
"Und Du mir auch, sagte Vrenchen, und das
noch viel mehr; denn Du hast mich nie ange¬
sehen und wußtest nicht, wie ich geworden bin;
ich aber habe dich zu Zeiten aus der Ferne
und sogar heimlich aus der Nähe recht gut be¬
trachtet und wußte immer, wie Du aussiehst!
Weißt Du noch, wie oft wir als Kinder hieher
gekommen sind? denkst Du noch des kleinen
Wagens? Wie kleine Leute sind wir damals
gewesen und wie lang ist es her! Man sollte
denken wir wären recht alt?" "Wie alt bist
Du jetzt?" fragte Sali voll Vergnügen und
Zufriedenheit, "Du mußt ungefähr siebzehn sein?"
"Siebzehn und ein halbes Jahr bin ich alt!"
erwiederte Vrenchen, "und wie alt bist Du?
Ich weiß aber schon, Du bist bald zwanzig!"
"Woher weißt Du das?" fragte Sali. "Gelt,
wenn ich es sagen wollte!" "Du willst es
nicht sagen?" "Nein!" "Gewiß nicht?"
"Nein, nein!" "Du sollst es sagen!" "Willst
Du mich etwa zwingen?" "Das wollen wir
sehen!" Diese einfältigen Worte führte Sali,
um seine Hände zu beschäftigen und mit unge¬

haſt Du mir doch immer im Sinn gelegen!«
»Und Du mir auch, ſagte Vrenchen, und das
noch viel mehr; denn Du haſt mich nie ange¬
ſehen und wußteſt nicht, wie ich geworden bin;
ich aber habe dich zu Zeiten aus der Ferne
und ſogar heimlich aus der Nähe recht gut be¬
trachtet und wußte immer, wie Du ausſiehſt!
Weißt Du noch, wie oft wir als Kinder hieher
gekommen ſind? denkſt Du noch des kleinen
Wagens? Wie kleine Leute ſind wir damals
geweſen und wie lang iſt es her! Man ſollte
denken wir wären recht alt?« »Wie alt biſt
Du jetzt?« fragte Sali voll Vergnügen und
Zufriedenheit, »Du mußt ungefähr ſiebzehn ſein?«
»Siebzehn und ein halbes Jahr bin ich alt!«
erwiederte Vrenchen, »und wie alt biſt Du?
Ich weiß aber ſchon, Du biſt bald zwanzig!«
»Woher weißt Du das?« fragte Sali. »Gelt,
wenn ich es ſagen wollte!« »Du willſt es
nicht ſagen?« »Nein!« »Gewiß nicht?«
»Nein, nein!« »Du ſollſt es ſagen!« »Willſt
Du mich etwa zwingen?« »Das wollen wir
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[280/0292] haſt Du mir doch immer im Sinn gelegen!« »Und Du mir auch, ſagte Vrenchen, und das noch viel mehr; denn Du haſt mich nie ange¬ ſehen und wußteſt nicht, wie ich geworden bin; ich aber habe dich zu Zeiten aus der Ferne und ſogar heimlich aus der Nähe recht gut be¬ trachtet und wußte immer, wie Du ausſiehſt! Weißt Du noch, wie oft wir als Kinder hieher gekommen ſind? denkſt Du noch des kleinen Wagens? Wie kleine Leute ſind wir damals geweſen und wie lang iſt es her! Man ſollte denken wir wären recht alt?« »Wie alt biſt Du jetzt?« fragte Sali voll Vergnügen und Zufriedenheit, »Du mußt ungefähr ſiebzehn ſein?« »Siebzehn und ein halbes Jahr bin ich alt!« erwiederte Vrenchen, »und wie alt biſt Du? Ich weiß aber ſchon, Du biſt bald zwanzig!« »Woher weißt Du das?« fragte Sali. »Gelt, wenn ich es ſagen wollte!« »Du willſt es nicht ſagen?« »Nein!« »Gewiß nicht?« »Nein, nein!« »Du ſollſt es ſagen!« »Willſt Du mich etwa zwingen?« »Das wollen wir ſehen!« Dieſe einfältigen Worte führte Sali, um ſeine Hände zu beſchäftigen und mit unge¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/292>, abgerufen am 27.11.2024.