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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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einer gewissen natürlichen Zierlichkeit setzten
sie einen Fuß um den andern vorwärts und
keiner sprach ein Wort, außer wenn er etwa
dem Knechte, der die vier stattlichen Pferde an¬
trieb, eine Anweisung gab. So glichen sie ein¬
ander vollkommen in einiger Entfernung, denn
sie stellten die ursprüngliche Art dieser Gegend
dar, und man hätte sie auf den ersten Blick
nur daran unterscheiden können, daß der Eine
den Zipfel seiner weißen Kappe nach vorn trug,
der Andere aber hinten im Nacken hängen hatte.
Aber das wechselte zwischen ihnen ab, indem sie
in der entgegengesetzten Richtung pflügten; denn
wenn sie oben auf der Höhe zusammentrafen
und an einander vorüberkamen, so schlug dem,
welcher gegen den frischen Ostwind ging, die
Zipfelkappe nach hinten über, während sie bei
dem Andern, der den Wind im Rücken hatte,
sich nach vorne sträubte. Es gab auch jedesmal
einen mittleren Augenblick, wo die schimmernden
Mützen aufrecht in der Luft schwankten und wie
zwei weiße Flammen gen Himmel züngelten. So
pflügten Beide ruhevoll und es war schön anzu¬
sehen in der stillen goldenen Septembergegend,

einer gewiſſen natürlichen Zierlichkeit ſetzten
ſie einen Fuß um den andern vorwärts und
keiner ſprach ein Wort, außer wenn er etwa
dem Knechte, der die vier ſtattlichen Pferde an¬
trieb, eine Anweiſung gab. So glichen ſie ein¬
ander vollkommen in einiger Entfernung, denn
ſie ſtellten die urſprüngliche Art dieſer Gegend
dar, und man hätte ſie auf den erſten Blick
nur daran unterſcheiden können, daß der Eine
den Zipfel ſeiner weißen Kappe nach vorn trug,
der Andere aber hinten im Nacken hängen hatte.
Aber das wechſelte zwiſchen ihnen ab, indem ſie
in der entgegengeſetzten Richtung pflügten; denn
wenn ſie oben auf der Höhe zuſammentrafen
und an einander vorüberkamen, ſo ſchlug dem,
welcher gegen den friſchen Oſtwind ging, die
Zipfelkappe nach hinten über, während ſie bei
dem Andern, der den Wind im Rücken hatte,
ſich nach vorne ſträubte. Es gab auch jedesmal
einen mittleren Augenblick, wo die ſchimmernden
Mützen aufrecht in der Luft ſchwankten und wie
zwei weiße Flammen gen Himmel züngelten. So
pflügten Beide ruhevoll und es war ſchön anzu¬
ſehen in der ſtillen goldenen Septembergegend,

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[211/0223] einer gewiſſen natürlichen Zierlichkeit ſetzten ſie einen Fuß um den andern vorwärts und keiner ſprach ein Wort, außer wenn er etwa dem Knechte, der die vier ſtattlichen Pferde an¬ trieb, eine Anweiſung gab. So glichen ſie ein¬ ander vollkommen in einiger Entfernung, denn ſie ſtellten die urſprüngliche Art dieſer Gegend dar, und man hätte ſie auf den erſten Blick nur daran unterſcheiden können, daß der Eine den Zipfel ſeiner weißen Kappe nach vorn trug, der Andere aber hinten im Nacken hängen hatte. Aber das wechſelte zwiſchen ihnen ab, indem ſie in der entgegengeſetzten Richtung pflügten; denn wenn ſie oben auf der Höhe zuſammentrafen und an einander vorüberkamen, ſo ſchlug dem, welcher gegen den friſchen Oſtwind ging, die Zipfelkappe nach hinten über, während ſie bei dem Andern, der den Wind im Rücken hatte, ſich nach vorne ſträubte. Es gab auch jedesmal einen mittleren Augenblick, wo die ſchimmernden Mützen aufrecht in der Luft ſchwankten und wie zwei weiße Flammen gen Himmel züngelten. So pflügten Beide ruhevoll und es war ſchön anzu¬ ſehen in der ſtillen goldenen Septembergegend,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/223>, abgerufen am 25.11.2024.