Gewöhnung, Ordnung und regelrechte Ablösung oder kräftige Bestätigung ist in Friedenszeiten diese Selbstherrlichkeit zu brauchen und bemerk¬ lich zu machen. Wenigstens ist es die allerver¬ kehrteste Anwendung oder Offenbarung derselben, sich gar nicht zu zeigen, warum? weil es ihr so beliebt!"
"Nimm mir nicht übel, das sind Kindesge¬ danken und Weibernücken; wenn ihr glaubt, daß solche Aufführung euch wohl anstehe, so seid ihr im Irrthum. Aber ihr beneidet euch selbst um die Ruhe und um den Frieden, und damit die Dinge, obgleich ihr nichts dagegen einzuwenden wißt, und nur auf alle Fälle hin, so in's Blaue hinein schlecht begründet erscheinen, so wählt ihr nicht oder überlaßt die Handlung den Nacht¬ wächtern, damit, wie gesagt, vorkommenden Falls von eurem Neste Seldwyl ausgeschrieen werden könne, die öffentliche Gewalt habe keinen festen Fuß im Volke. Bübisch ist aber dieses und es ist gut, daß eure Macht nicht weiter reicht, als eure lotterige Stadtmauer!"
"Ihr und immer Ihr! sagte Fritz ungehal¬ ten, was hab' ich denn mit diesen Leuten zu
Gewöhnung, Ordnung und regelrechte Ablöſung oder kräftige Beſtätigung iſt in Friedenszeiten dieſe Selbſtherrlichkeit zu brauchen und bemerk¬ lich zu machen. Wenigſtens iſt es die allerver¬ kehrteſte Anwendung oder Offenbarung derſelben, ſich gar nicht zu zeigen, warum? weil es ihr ſo beliebt!«
»Nimm mir nicht übel, das ſind Kindesge¬ danken und Weibernücken; wenn ihr glaubt, daß ſolche Aufführung euch wohl anſtehe, ſo ſeid ihr im Irrthum. Aber ihr beneidet euch ſelbſt um die Ruhe und um den Frieden, und damit die Dinge, obgleich ihr nichts dagegen einzuwenden wißt, und nur auf alle Fälle hin, ſo in's Blaue hinein ſchlecht begründet erſcheinen, ſo wählt ihr nicht oder überlaßt die Handlung den Nacht¬ wächtern, damit, wie geſagt, vorkommenden Falls von eurem Neſte Seldwyl ausgeſchrieen werden könne, die öffentliche Gewalt habe keinen feſten Fuß im Volke. Bübiſch iſt aber dieſes und es iſt gut, daß eure Macht nicht weiter reicht, als eure lotterige Stadtmauer!«
»Ihr und immer Ihr! ſagte Fritz ungehal¬ ten, was hab' ich denn mit dieſen Leuten zu
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0204"n="192"/>
Gewöhnung, Ordnung und regelrechte Ablöſung<lb/>
oder kräftige Beſtätigung iſt in Friedenszeiten<lb/>
dieſe Selbſtherrlichkeit zu brauchen und bemerk¬<lb/>
lich zu machen. Wenigſtens iſt es die allerver¬<lb/>
kehrteſte Anwendung oder Offenbarung derſelben,<lb/>ſich gar nicht zu zeigen, warum? weil es ihr<lb/>ſo beliebt!«</p><lb/><p>»Nimm mir nicht übel, das ſind Kindesge¬<lb/>
danken und Weibernücken; wenn ihr glaubt, daß<lb/>ſolche Aufführung euch wohl anſtehe, ſo ſeid ihr<lb/>
im Irrthum. Aber ihr beneidet euch ſelbſt um<lb/>
die Ruhe und um den Frieden, und damit die<lb/>
Dinge, obgleich ihr nichts dagegen einzuwenden<lb/>
wißt, und nur auf alle Fälle hin, ſo in's Blaue<lb/>
hinein ſchlecht begründet erſcheinen, ſo wählt ihr<lb/>
nicht oder überlaßt die Handlung den Nacht¬<lb/>
wächtern, damit, wie geſagt, vorkommenden Falls<lb/>
von eurem Neſte Seldwyl ausgeſchrieen werden<lb/>
könne, die öffentliche Gewalt habe keinen feſten<lb/>
Fuß im Volke. Bübiſch iſt aber dieſes und es<lb/>
iſt gut, daß eure Macht nicht weiter reicht, als<lb/>
eure lotterige Stadtmauer!«</p><lb/><p>»Ihr und immer Ihr! ſagte Fritz ungehal¬<lb/>
ten, was hab' ich denn mit dieſen Leuten zu<lb/></p></div></body></text></TEI>
[192/0204]
Gewöhnung, Ordnung und regelrechte Ablöſung
oder kräftige Beſtätigung iſt in Friedenszeiten
dieſe Selbſtherrlichkeit zu brauchen und bemerk¬
lich zu machen. Wenigſtens iſt es die allerver¬
kehrteſte Anwendung oder Offenbarung derſelben,
ſich gar nicht zu zeigen, warum? weil es ihr
ſo beliebt!«
»Nimm mir nicht übel, das ſind Kindesge¬
danken und Weibernücken; wenn ihr glaubt, daß
ſolche Aufführung euch wohl anſtehe, ſo ſeid ihr
im Irrthum. Aber ihr beneidet euch ſelbſt um
die Ruhe und um den Frieden, und damit die
Dinge, obgleich ihr nichts dagegen einzuwenden
wißt, und nur auf alle Fälle hin, ſo in's Blaue
hinein ſchlecht begründet erſcheinen, ſo wählt ihr
nicht oder überlaßt die Handlung den Nacht¬
wächtern, damit, wie geſagt, vorkommenden Falls
von eurem Neſte Seldwyl ausgeſchrieen werden
könne, die öffentliche Gewalt habe keinen feſten
Fuß im Volke. Bübiſch iſt aber dieſes und es
iſt gut, daß eure Macht nicht weiter reicht, als
eure lotterige Stadtmauer!«
»Ihr und immer Ihr! ſagte Fritz ungehal¬
ten, was hab' ich denn mit dieſen Leuten zu
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/204>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.