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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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Gewöhnung, Ordnung und regelrechte Ablösung
oder kräftige Bestätigung ist in Friedenszeiten
diese Selbstherrlichkeit zu brauchen und bemerk¬
lich zu machen. Wenigstens ist es die allerver¬
kehrteste Anwendung oder Offenbarung derselben,
sich gar nicht zu zeigen, warum? weil es ihr
so beliebt!"

"Nimm mir nicht übel, das sind Kindesge¬
danken und Weibernücken; wenn ihr glaubt, daß
solche Aufführung euch wohl anstehe, so seid ihr
im Irrthum. Aber ihr beneidet euch selbst um
die Ruhe und um den Frieden, und damit die
Dinge, obgleich ihr nichts dagegen einzuwenden
wißt, und nur auf alle Fälle hin, so in's Blaue
hinein schlecht begründet erscheinen, so wählt ihr
nicht oder überlaßt die Handlung den Nacht¬
wächtern, damit, wie gesagt, vorkommenden Falls
von eurem Neste Seldwyl ausgeschrieen werden
könne, die öffentliche Gewalt habe keinen festen
Fuß im Volke. Bübisch ist aber dieses und es
ist gut, daß eure Macht nicht weiter reicht, als
eure lotterige Stadtmauer!"

"Ihr und immer Ihr! sagte Fritz ungehal¬
ten, was hab' ich denn mit diesen Leuten zu

Gewöhnung, Ordnung und regelrechte Ablöſung
oder kräftige Beſtätigung iſt in Friedenszeiten
dieſe Selbſtherrlichkeit zu brauchen und bemerk¬
lich zu machen. Wenigſtens iſt es die allerver¬
kehrteſte Anwendung oder Offenbarung derſelben,
ſich gar nicht zu zeigen, warum? weil es ihr
ſo beliebt!«

»Nimm mir nicht übel, das ſind Kindesge¬
danken und Weibernücken; wenn ihr glaubt, daß
ſolche Aufführung euch wohl anſtehe, ſo ſeid ihr
im Irrthum. Aber ihr beneidet euch ſelbſt um
die Ruhe und um den Frieden, und damit die
Dinge, obgleich ihr nichts dagegen einzuwenden
wißt, und nur auf alle Fälle hin, ſo in's Blaue
hinein ſchlecht begründet erſcheinen, ſo wählt ihr
nicht oder überlaßt die Handlung den Nacht¬
wächtern, damit, wie geſagt, vorkommenden Falls
von eurem Neſte Seldwyl ausgeſchrieen werden
könne, die öffentliche Gewalt habe keinen feſten
Fuß im Volke. Bübiſch iſt aber dieſes und es
iſt gut, daß eure Macht nicht weiter reicht, als
eure lotterige Stadtmauer!«

»Ihr und immer Ihr! ſagte Fritz ungehal¬
ten, was hab' ich denn mit dieſen Leuten zu

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[192/0204] Gewöhnung, Ordnung und regelrechte Ablöſung oder kräftige Beſtätigung iſt in Friedenszeiten dieſe Selbſtherrlichkeit zu brauchen und bemerk¬ lich zu machen. Wenigſtens iſt es die allerver¬ kehrteſte Anwendung oder Offenbarung derſelben, ſich gar nicht zu zeigen, warum? weil es ihr ſo beliebt!« »Nimm mir nicht übel, das ſind Kindesge¬ danken und Weibernücken; wenn ihr glaubt, daß ſolche Aufführung euch wohl anſtehe, ſo ſeid ihr im Irrthum. Aber ihr beneidet euch ſelbſt um die Ruhe und um den Frieden, und damit die Dinge, obgleich ihr nichts dagegen einzuwenden wißt, und nur auf alle Fälle hin, ſo in's Blaue hinein ſchlecht begründet erſcheinen, ſo wählt ihr nicht oder überlaßt die Handlung den Nacht¬ wächtern, damit, wie geſagt, vorkommenden Falls von eurem Neſte Seldwyl ausgeſchrieen werden könne, die öffentliche Gewalt habe keinen feſten Fuß im Volke. Bübiſch iſt aber dieſes und es iſt gut, daß eure Macht nicht weiter reicht, als eure lotterige Stadtmauer!« »Ihr und immer Ihr! ſagte Fritz ungehal¬ ten, was hab' ich denn mit dieſen Leuten zu

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/204>, abgerufen am 25.11.2024.