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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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und nur etwas sich mit ihnen die Zeit vertrieb,
wie und so lange er es für gut fand. Mit
Vergnügen sah sie auch, daß er sich nicht lumpen
ließ und bei Gelagen manche Flasche zum Besten
gab, ohne je für sich selbst schlimme Folgen davon
zu tragen, und daß er nicht in Einen schlimmen
oder schimpflichen Handel verwickelt wurde, ob¬
gleich er überall sich zu schaffen machte und
wußte, wie es zugegangen, ohne daß er im
mindesten ein Duckmäuser und Aufpasser war.
Auch hielt er was auf sich, ohne hochmüthig zu
sein, und wußte sich zu wehren, wenn es galt.
Frau Regula war daher guten Muthes und
dachte, das wäre gerade die rechte Weise und
ihr Söhnchen sei nicht auf den Kopf gefallen.

Da bemerkte sie, daß er anfing zu erröthen,
wenn schöne Mädchen ihm in den Weg kamen,
daß er selbst häßliche Mädchen aufmerksam und
kritisch betrachtete und daß er verlegen wurde,
wenn eine hübsche runde und muntere Frau in
der Stube war, während er dieselbe doch heim¬
licher Weise mit den Augen verschlang. Aus
diesen drei Zeichen entnahm sie zwei Dinge:
erstens, daß noch nichts an ihm verdorben sei,

und nur etwas ſich mit ihnen die Zeit vertrieb,
wie und ſo lange er es für gut fand. Mit
Vergnügen ſah ſie auch, daß er ſich nicht lumpen
ließ und bei Gelagen manche Flaſche zum Beſten
gab, ohne je für ſich ſelbſt ſchlimme Folgen davon
zu tragen, und daß er nicht in Einen ſchlimmen
oder ſchimpflichen Handel verwickelt wurde, ob¬
gleich er überall ſich zu ſchaffen machte und
wußte, wie es zugegangen, ohne daß er im
mindeſten ein Duckmäuſer und Aufpaſſer war.
Auch hielt er was auf ſich, ohne hochmüthig zu
ſein, und wußte ſich zu wehren, wenn es galt.
Frau Regula war daher guten Muthes und
dachte, das wäre gerade die rechte Weiſe und
ihr Söhnchen ſei nicht auf den Kopf gefallen.

Da bemerkte ſie, daß er anfing zu erröthen,
wenn ſchöne Mädchen ihm in den Weg kamen,
daß er ſelbſt häßliche Mädchen aufmerkſam und
kritiſch betrachtete und daß er verlegen wurde,
wenn eine hübſche runde und muntere Frau in
der Stube war, während er dieſelbe doch heim¬
licher Weiſe mit den Augen verſchlang. Aus
dieſen drei Zeichen entnahm ſie zwei Dinge:
erſtens, daß noch nichts an ihm verdorben ſei,

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[137/0149] und nur etwas ſich mit ihnen die Zeit vertrieb, wie und ſo lange er es für gut fand. Mit Vergnügen ſah ſie auch, daß er ſich nicht lumpen ließ und bei Gelagen manche Flaſche zum Beſten gab, ohne je für ſich ſelbſt ſchlimme Folgen davon zu tragen, und daß er nicht in Einen ſchlimmen oder ſchimpflichen Handel verwickelt wurde, ob¬ gleich er überall ſich zu ſchaffen machte und wußte, wie es zugegangen, ohne daß er im mindeſten ein Duckmäuſer und Aufpaſſer war. Auch hielt er was auf ſich, ohne hochmüthig zu ſein, und wußte ſich zu wehren, wenn es galt. Frau Regula war daher guten Muthes und dachte, das wäre gerade die rechte Weiſe und ihr Söhnchen ſei nicht auf den Kopf gefallen. Da bemerkte ſie, daß er anfing zu erröthen, wenn ſchöne Mädchen ihm in den Weg kamen, daß er ſelbſt häßliche Mädchen aufmerkſam und kritiſch betrachtete und daß er verlegen wurde, wenn eine hübſche runde und muntere Frau in der Stube war, während er dieſelbe doch heim¬ licher Weiſe mit den Augen verſchlang. Aus dieſen drei Zeichen entnahm ſie zwei Dinge: erſtens, daß noch nichts an ihm verdorben ſei,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/149>, abgerufen am 12.12.2024.