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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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mit dem Angesicht Einen nach dem Andern der
Reihe nach anlächelte. So giebt es Virtuosen,
welche viele Instrumente zugleich spielen, auf
dem Kopfe ein Glockenspiel schütteln, mit dem
Munde die Panspfeife blasen, mit den Händen
die Guitarre spielen, mit den Knieen die Cymbel
schlagen, mit dem Fuß den Dreiangel und mit
den Ellbogen eine Trommel, die ihnen auf dem
Rücken hängt.

Dann aber erhob sie sich von der Erde,
strich ihr Kleid, welches sie sorgfältig aufgeschürzt
hatte, zurecht und sagte: "Nun ist es wohl Zeit,
liebe Freunde! daß wir uns aufmachen und daß
ihr euch zu jenem ernsthaften Gange rüstet,
welchen euch der Meister in seiner Thorheit
auferlegt, wir aber als die Anordnung eines
höheren Geschickes ansehen! Tretet diesen Weg
an voll schönen Eifers aber ohne Feindschaft
noch Neid gegen einander und überlasset dem
Sieger willig die Krone!"

Wie von einer Wespe gestochen sprangen
die Gesellen auf und stellten sich auf die Beine.
Da standen sie nun und sollten mit denselben
einander den Rang ablaufen, mit denselben guten

mit dem Angeſicht Einen nach dem Andern der
Reihe nach anlächelte. So giebt es Virtuoſen,
welche viele Inſtrumente zugleich ſpielen, auf
dem Kopfe ein Glockenſpiel ſchütteln, mit dem
Munde die Panspfeife blaſen, mit den Händen
die Guitarre ſpielen, mit den Knieen die Cymbel
ſchlagen, mit dem Fuß den Dreiangel und mit
den Ellbogen eine Trommel, die ihnen auf dem
Rücken hängt.

Dann aber erhob ſie ſich von der Erde,
ſtrich ihr Kleid, welches ſie ſorgfältig aufgeſchürzt
hatte, zurecht und ſagte: »Nun iſt es wohl Zeit,
liebe Freunde! daß wir uns aufmachen und daß
ihr euch zu jenem ernſthaften Gange rüſtet,
welchen euch der Meiſter in ſeiner Thorheit
auferlegt, wir aber als die Anordnung eines
höheren Geſchickes anſehen! Tretet dieſen Weg
an voll ſchönen Eifers aber ohne Feindſchaft
noch Neid gegen einander und überlaſſet dem
Sieger willig die Krone!«

Wie von einer Weſpe geſtochen ſprangen
die Geſellen auf und ſtellten ſich auf die Beine.
Da ſtanden ſie nun und ſollten mit denſelben
einander den Rang ablaufen, mit denſelben guten

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[432/0444] mit dem Angeſicht Einen nach dem Andern der Reihe nach anlächelte. So giebt es Virtuoſen, welche viele Inſtrumente zugleich ſpielen, auf dem Kopfe ein Glockenſpiel ſchütteln, mit dem Munde die Panspfeife blaſen, mit den Händen die Guitarre ſpielen, mit den Knieen die Cymbel ſchlagen, mit dem Fuß den Dreiangel und mit den Ellbogen eine Trommel, die ihnen auf dem Rücken hängt. Dann aber erhob ſie ſich von der Erde, ſtrich ihr Kleid, welches ſie ſorgfältig aufgeſchürzt hatte, zurecht und ſagte: »Nun iſt es wohl Zeit, liebe Freunde! daß wir uns aufmachen und daß ihr euch zu jenem ernſthaften Gange rüſtet, welchen euch der Meiſter in ſeiner Thorheit auferlegt, wir aber als die Anordnung eines höheren Geſchickes anſehen! Tretet dieſen Weg an voll ſchönen Eifers aber ohne Feindſchaft noch Neid gegen einander und überlaſſet dem Sieger willig die Krone!« Wie von einer Weſpe geſtochen ſprangen die Geſellen auf und ſtellten ſich auf die Beine. Da ſtanden ſie nun und ſollten mit denſelben einander den Rang ablaufen, mit denſelben guten

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/444>, abgerufen am 26.11.2024.