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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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lüftlein, wenn sie ihren eilenden Lauf am Him¬
mel nehmen, ehe wir auseinander fahren wie
der Sturmwind des Herbstes. Ich selbst will
euch hinausbegleiten auf dem schweren Wege und
zugegen sein, wenn ihr den Prüfungslauf an¬
tretet, damit ihr einen fröhlichen Muth fasset
und einen schönen Antrieb hinter euch habt, wäh¬
rend vor euch das Ziel des Sieges winkt. Aber
so wie der Sieger sich seines Glückes nicht über¬
heben wird, so sollen die, welche unterliegen,
nicht verzagen und keinen Gram oder Groll von
dannen nehmen, sondern unsers liebevollen An¬
denkens gewärtig sein und als vergnügte Wan¬
derjünglinge in die weite Welt ziehen; denn die
Menschen haben viele Städte gebauet, welche so
schön oder noch schöner sind, wie Seldwyla;
Rom ist eine große merkwürdige Stadt, allwo
der heilige Vater wohnt, und Paris ist eine
gar mächtige Stadt mit vielen Seelen und herr¬
lichen Pallästen, und in Constantinopel herrscht
der Sultan, von türkischem Glauben, und Lissa¬
bon, welches einst durch ein Erdbeben verschüttet
ward, ist desto schöner wieder aufgebaut worden.
Wien ist die Hauptstadt von Österreich und die

lüftlein, wenn ſie ihren eilenden Lauf am Him¬
mel nehmen, ehe wir auseinander fahren wie
der Sturmwind des Herbſtes. Ich ſelbſt will
euch hinausbegleiten auf dem ſchweren Wege und
zugegen ſein, wenn ihr den Prüfungslauf an¬
tretet, damit ihr einen fröhlichen Muth faſſet
und einen ſchönen Antrieb hinter euch habt, wäh¬
rend vor euch das Ziel des Sieges winkt. Aber
ſo wie der Sieger ſich ſeines Glückes nicht über¬
heben wird, ſo ſollen die, welche unterliegen,
nicht verzagen und keinen Gram oder Groll von
dannen nehmen, ſondern unſers liebevollen An¬
denkens gewärtig ſein und als vergnügte Wan¬
derjünglinge in die weite Welt ziehen; denn die
Menſchen haben viele Städte gebauet, welche ſo
ſchön oder noch ſchöner ſind, wie Seldwyla;
Rom iſt eine große merkwürdige Stadt, allwo
der heilige Vater wohnt, und Paris iſt eine
gar mächtige Stadt mit vielen Seelen und herr¬
lichen Palläſten, und in Conſtantinopel herrſcht
der Sultan, von türkiſchem Glauben, und Liſſa¬
bon, welches einſt durch ein Erdbeben verſchüttet
ward, iſt deſto ſchöner wieder aufgebaut worden.
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[406/0418] lüftlein, wenn ſie ihren eilenden Lauf am Him¬ mel nehmen, ehe wir auseinander fahren wie der Sturmwind des Herbſtes. Ich ſelbſt will euch hinausbegleiten auf dem ſchweren Wege und zugegen ſein, wenn ihr den Prüfungslauf an¬ tretet, damit ihr einen fröhlichen Muth faſſet und einen ſchönen Antrieb hinter euch habt, wäh¬ rend vor euch das Ziel des Sieges winkt. Aber ſo wie der Sieger ſich ſeines Glückes nicht über¬ heben wird, ſo ſollen die, welche unterliegen, nicht verzagen und keinen Gram oder Groll von dannen nehmen, ſondern unſers liebevollen An¬ denkens gewärtig ſein und als vergnügte Wan¬ derjünglinge in die weite Welt ziehen; denn die Menſchen haben viele Städte gebauet, welche ſo ſchön oder noch ſchöner ſind, wie Seldwyla; Rom iſt eine große merkwürdige Stadt, allwo der heilige Vater wohnt, und Paris iſt eine gar mächtige Stadt mit vielen Seelen und herr¬ lichen Palläſten, und in Conſtantinopel herrſcht der Sultan, von türkiſchem Glauben, und Liſſa¬ bon, welches einſt durch ein Erdbeben verſchüttet ward, iſt deſto ſchöner wieder aufgebaut worden. Wien iſt die Hauptſtadt von Öſterreich und die

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/418>, abgerufen am 28.11.2024.