Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872.denn dieser ließ seiner Braut nicht viel Zeit, mit An¬ Aber vor Allen fühlte sich Bertrade so glücklich, Die Jungfrau Maria, welche ja als Zendelwald Der Kaiser aber und die übrige Gesellschaft riefen denn dieſer ließ ſeiner Braut nicht viel Zeit, mit An¬ Aber vor Allen fühlte ſich Bertrade ſo glücklich, Die Jungfrau Maria, welche ja als Zendelwald Der Kaiſer aber und die übrige Geſellſchaft riefen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0074" n="60"/> denn dieſer ließ ſeiner Braut nicht viel Zeit, mit An¬<lb/> dern zu ſprechen, ſo geſchickt und zärtlich unterhielt<lb/> er ſie. Er ſchien ihr die feinſten Dinge zu ſagen, da<lb/> ſie ein Mal um das andere glückſelig erröthete. Es<lb/> ſchien überhaupt Alles glücklich zu ſein; in den grü¬<lb/> nen Laubgewölben in der Höhe ſangen die Vögel um<lb/> die Wette mit den Muſikinſtrumenten, ein Schmetter¬<lb/> ling ſetzte ſich auf die goldene Krone des Kaiſers<lb/> und die Weinpokale dufteten wie durch einen beſon¬<lb/> deren Segen gleich Veilchen nnd Reſeda.</p><lb/> <p>Aber vor Allen fühlte ſich Bertrade ſo glücklich,<lb/> daß ſie, während Zendelwald ſie bei der Hand hielt,<lb/> in ihrem Herzen ihrer göttlichen Beſchützerin gedachte<lb/> und derſelben ein heißes, ſtilles Dankgebet abſtattete.</p><lb/> <p>Die Jungfrau Maria, welche ja als Zendelwald<lb/> neben ihr ſaß, las dies Gebet in ihrem Herzen und<lb/> war ſo erfreut über die fromme Dankbarkeit ihres<lb/> Schützlings, daß ſie Bertraden zärtlich umfing und<lb/> einen Kuß auf ihre Lippen drückte, der begreiflicher<lb/> Weiſe das holde Weib mit himmliſcher Seligkeit er¬<lb/> füllte; denn wenn die Himmliſchen einmal Zuckerzeug<lb/> backen, ſo geräth es zur Süße.</p><lb/> <p>Der Kaiſer aber und die übrige Geſellſchaft riefen<lb/> dem vermeintlichen Zendelwald ihren Beifall zu, er¬<lb/> hoben die Becher und tranken auf das Wohl des<lb/> ſchönen Paares.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [60/0074]
denn dieſer ließ ſeiner Braut nicht viel Zeit, mit An¬
dern zu ſprechen, ſo geſchickt und zärtlich unterhielt
er ſie. Er ſchien ihr die feinſten Dinge zu ſagen, da
ſie ein Mal um das andere glückſelig erröthete. Es
ſchien überhaupt Alles glücklich zu ſein; in den grü¬
nen Laubgewölben in der Höhe ſangen die Vögel um
die Wette mit den Muſikinſtrumenten, ein Schmetter¬
ling ſetzte ſich auf die goldene Krone des Kaiſers
und die Weinpokale dufteten wie durch einen beſon¬
deren Segen gleich Veilchen nnd Reſeda.
Aber vor Allen fühlte ſich Bertrade ſo glücklich,
daß ſie, während Zendelwald ſie bei der Hand hielt,
in ihrem Herzen ihrer göttlichen Beſchützerin gedachte
und derſelben ein heißes, ſtilles Dankgebet abſtattete.
Die Jungfrau Maria, welche ja als Zendelwald
neben ihr ſaß, las dies Gebet in ihrem Herzen und
war ſo erfreut über die fromme Dankbarkeit ihres
Schützlings, daß ſie Bertraden zärtlich umfing und
einen Kuß auf ihre Lippen drückte, der begreiflicher
Weiſe das holde Weib mit himmliſcher Seligkeit er¬
füllte; denn wenn die Himmliſchen einmal Zuckerzeug
backen, ſo geräth es zur Süße.
Der Kaiſer aber und die übrige Geſellſchaft riefen
dem vermeintlichen Zendelwald ihren Beifall zu, er¬
hoben die Becher und tranken auf das Wohl des
ſchönen Paares.
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