Es war ein Graf Gebizo, der besaß eine wunder¬ schöne Frau, eine prächtige Burg sammt Stadt und so viele ansehnliche Güter, daß er für einen der reich¬ sten und glücklichsten Herren im Lande galt. Diesen Ruf schien er denn auch dankbar anzuerkennen, in¬ dem er nicht nur eine glänzende Gastfreundschaft hielt, wobei sein schönes und gutes Weib gleich einer Sonne die Gemüther der Gäste erwärmte, sondern auch die christliche Wohlthätigkeit im weitesten Um¬ fange übte.
Er stiftete und begabte Klöster und Spitäler, schmückte Kirchen und Kapellen, und an allen hohen Festtagen kleidete, speiste und tränkte er eine große Zahl von Armen, manchmal zu Hunderten, und einige Dutzend mußten täglich, ja fast stündlich auf seinem Burghofe schmausend und ihn lobpreisend zu sehen sein, sonst hätte ihm seine Wohnung, so schön sie war, verödet geschienen.
Allein bei solch' schrankenloser Freigebigkeit ist auch der größte Reichthum zu erschöpfen, und so kam
Es war ein Graf Gebizo, der beſaß eine wunder¬ ſchöne Frau, eine prächtige Burg ſammt Stadt und ſo viele anſehnliche Güter, daß er für einen der reich¬ ſten und glücklichſten Herren im Lande galt. Dieſen Ruf ſchien er denn auch dankbar anzuerkennen, in¬ dem er nicht nur eine glänzende Gaſtfreundſchaft hielt, wobei ſein ſchönes und gutes Weib gleich einer Sonne die Gemüther der Gäſte erwärmte, ſondern auch die chriſtliche Wohlthätigkeit im weiteſten Um¬ fange übte.
Er ſtiftete und begabte Klöſter und Spitäler, ſchmückte Kirchen und Kapellen, und an allen hohen Feſttagen kleidete, ſpeiſte und tränkte er eine große Zahl von Armen, manchmal zu Hunderten, und einige Dutzend mußten täglich, ja faſt ſtündlich auf ſeinem Burghofe ſchmauſend und ihn lobpreiſend zu ſehen ſein, ſonſt hätte ihm ſeine Wohnung, ſo ſchön ſie war, verödet geſchienen.
Allein bei ſolch' ſchrankenloſer Freigebigkeit iſt auch der größte Reichthum zu erſchöpfen, und ſo kam
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[0045]
Es war ein Graf Gebizo, der beſaß eine wunder¬
ſchöne Frau, eine prächtige Burg ſammt Stadt und
ſo viele anſehnliche Güter, daß er für einen der reich¬
ſten und glücklichſten Herren im Lande galt. Dieſen
Ruf ſchien er denn auch dankbar anzuerkennen, in¬
dem er nicht nur eine glänzende Gaſtfreundſchaft
hielt, wobei ſein ſchönes und gutes Weib gleich einer
Sonne die Gemüther der Gäſte erwärmte, ſondern
auch die chriſtliche Wohlthätigkeit im weiteſten Um¬
fange übte.
Er ſtiftete und begabte Klöſter und Spitäler,
ſchmückte Kirchen und Kapellen, und an allen hohen
Feſttagen kleidete, ſpeiſte und tränkte er eine große
Zahl von Armen, manchmal zu Hunderten, und
einige Dutzend mußten täglich, ja faſt ſtündlich auf
ſeinem Burghofe ſchmauſend und ihn lobpreiſend zu
ſehen ſein, ſonſt hätte ihm ſeine Wohnung, ſo ſchön
ſie war, verödet geſchienen.
Allein bei ſolch' ſchrankenloſer Freigebigkeit iſt
auch der größte Reichthum zu erſchöpfen, und ſo kam
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Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_legenden_1872/45>, abgerufen am 16.07.2024.
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