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Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872.

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und den schwarzen Krauskopf wie in fern abschweifen¬
den Gedanken zur Seite neigte.

Die Wellen des silbernen Meeres schlugen sanft
und langsam gegen die Marmorstufen des Ufers,
stille war es sonst weit umher und Dorothea mit
ihren kleinen Künsten zu Ende.

Weinend schlich sie mit den zusammengelesenen
Scherben der Schaale nach ihrem Gemach, um sie
dort zu verbergen.

Sie sahen sich jetzt manche Monate nicht mehr;
Theophilus kehrte unverweilt nach der Hauptstadt
zurück und als auch Dorothea im Herbste wieder kam,
vermied er sorgfältig jedes Zusammentreffen, da ihn
schon die Möglichkeit, ihr zu begegnen, erschreckte und
aufregte, und so war die ganze Herrlichkeit für ein¬
mal zu Ende.

Es begab sich nun auf natürliche Art, daß sie
Trost suchte in dem neuen Glauben ihrer Eltern und
sobald diese es vermerkten, säumten sie nicht, ihr Kind
darin zu bestärken und sie ganz in ihre Glaubens-
und Ausdrucksweisen einzuführen.

Inzwischen hatten jene scheinbaren Freundlichkeiten
Dorotheas auf den Statthalter ebenfalls ihre unglück¬
liche Wirkung geübt, so daß Fabrizius mit verdoppel¬
ter Heftigkeit seine Bewerbung erneuerte und sich hiezu
für berechtigt hielt. Um so betroffener war auch er,

und den ſchwarzen Krauskopf wie in fern abſchweifen¬
den Gedanken zur Seite neigte.

Die Wellen des ſilbernen Meeres ſchlugen ſanft
und langſam gegen die Marmorſtufen des Ufers,
ſtille war es ſonſt weit umher und Dorothea mit
ihren kleinen Künſten zu Ende.

Weinend ſchlich ſie mit den zuſammengeleſenen
Scherben der Schaale nach ihrem Gemach, um ſie
dort zu verbergen.

Sie ſahen ſich jetzt manche Monate nicht mehr;
Theophilus kehrte unverweilt nach der Hauptſtadt
zurück und als auch Dorothea im Herbſte wieder kam,
vermied er ſorgfältig jedes Zuſammentreffen, da ihn
ſchon die Möglichkeit, ihr zu begegnen, erſchreckte und
aufregte, und ſo war die ganze Herrlichkeit für ein¬
mal zu Ende.

Es begab ſich nun auf natürliche Art, daß ſie
Troſt ſuchte in dem neuen Glauben ihrer Eltern und
ſobald dieſe es vermerkten, ſäumten ſie nicht, ihr Kind
darin zu beſtärken und ſie ganz in ihre Glaubens-
und Ausdrucksweiſen einzuführen.

Inzwiſchen hatten jene ſcheinbaren Freundlichkeiten
Dorotheas auf den Statthalter ebenfalls ihre unglück¬
liche Wirkung geübt, ſo daß Fabrizius mit verdoppel¬
ter Heftigkeit ſeine Bewerbung erneuerte und ſich hiezu
für berechtigt hielt. Um ſo betroffener war auch er,

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[128/0142] und den ſchwarzen Krauskopf wie in fern abſchweifen¬ den Gedanken zur Seite neigte. Die Wellen des ſilbernen Meeres ſchlugen ſanft und langſam gegen die Marmorſtufen des Ufers, ſtille war es ſonſt weit umher und Dorothea mit ihren kleinen Künſten zu Ende. Weinend ſchlich ſie mit den zuſammengeleſenen Scherben der Schaale nach ihrem Gemach, um ſie dort zu verbergen. Sie ſahen ſich jetzt manche Monate nicht mehr; Theophilus kehrte unverweilt nach der Hauptſtadt zurück und als auch Dorothea im Herbſte wieder kam, vermied er ſorgfältig jedes Zuſammentreffen, da ihn ſchon die Möglichkeit, ihr zu begegnen, erſchreckte und aufregte, und ſo war die ganze Herrlichkeit für ein¬ mal zu Ende. Es begab ſich nun auf natürliche Art, daß ſie Troſt ſuchte in dem neuen Glauben ihrer Eltern und ſobald dieſe es vermerkten, ſäumten ſie nicht, ihr Kind darin zu beſtärken und ſie ganz in ihre Glaubens- und Ausdrucksweiſen einzuführen. Inzwiſchen hatten jene ſcheinbaren Freundlichkeiten Dorotheas auf den Statthalter ebenfalls ihre unglück¬ liche Wirkung geübt, ſo daß Fabrizius mit verdoppel¬ ter Heftigkeit ſeine Bewerbung erneuerte und ſich hiezu für berechtigt hielt. Um ſo betroffener war auch er,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_legenden_1872/142>, abgerufen am 18.04.2024.