Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872.Mittel und Wege sann, wie er sich den Zutritt bei Eben wollte ein zierlicher Stutzer in die aufgehende Nun standen sie sich sonderbarlich gegenüber. Das Mittel und Wege ſann, wie er ſich den Zutritt bei Eben wollte ein zierlicher Stutzer in die aufgehende Nun ſtanden ſie ſich ſonderbarlich gegenüber. Das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0108" n="94"/> Mittel und Wege ſann, wie er ſich den Zutritt bei<lb/> der Verlorenen verſchaffen könne. Indem fiel ſein<lb/> Blick auf die Lade, in welcher die Gaben der Mild¬<lb/> thätigkeit aufbewahrt lagen, und kaum war die Kirche,<lb/> in welcher es dunkel geworden, leer, ſo ſchlug er die<lb/> Lade mit kräftiger Fauſt auf und warf ihren Inhalt,<lb/> der aus einer Menge kleiner Silberlinge beſtand, in<lb/> ſeine aufgeſchürzte Kutte und eilte ſchneller, als ein<lb/> Verliebter, nach der Wohnung der Sünderin.</p><lb/> <p>Eben wollte ein zierlicher Stutzer in die aufgehende<lb/> Thüre ſchlüpfen; Vitalis ergriff ihn hinten an den<lb/> duftenden Locken, ſchleuderte ihn auf die Gaſſe und<lb/> ſchlug die Thüre, indem er hineinſprang, jenem vor<lb/> der Naſe zu, und ſo ſtand er nach einigen Augen¬<lb/> blicken abermals vor der ruchloſen Perſon, welche ihn<lb/> mit funkelnden Augen beſah, da er ſtatt des erwarte¬<lb/> ten Stutzers erſchien. Vitalis ſchüttete aber ſchnell<lb/> das geſtohlene Geld <choice><sic>anf</sic><corr>auf</corr></choice> den Tiſch und ſagte: „Ge¬<lb/> nügt das für dieſe Nacht?“ Stumm aber ſorgfältig<lb/> zählte ſie das Gut und ſagte dann: „Es genügt!“ und<lb/> that es beiſeite.</p><lb/> <p>Nun ſtanden ſie ſich ſonderbarlich gegenüber. Das<lb/> Lachen verbeißend ſchaute ſie darein, als ob ſie von<lb/> nichts wüßte, und der Mönch prüfte ſie mit ungewiſſen<lb/> und kummervollen Blicken und wußte nicht, wie<lb/> er es anpacken ſollte, ſie zur Rede zu ſtellen. Als<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [94/0108]
Mittel und Wege ſann, wie er ſich den Zutritt bei
der Verlorenen verſchaffen könne. Indem fiel ſein
Blick auf die Lade, in welcher die Gaben der Mild¬
thätigkeit aufbewahrt lagen, und kaum war die Kirche,
in welcher es dunkel geworden, leer, ſo ſchlug er die
Lade mit kräftiger Fauſt auf und warf ihren Inhalt,
der aus einer Menge kleiner Silberlinge beſtand, in
ſeine aufgeſchürzte Kutte und eilte ſchneller, als ein
Verliebter, nach der Wohnung der Sünderin.
Eben wollte ein zierlicher Stutzer in die aufgehende
Thüre ſchlüpfen; Vitalis ergriff ihn hinten an den
duftenden Locken, ſchleuderte ihn auf die Gaſſe und
ſchlug die Thüre, indem er hineinſprang, jenem vor
der Naſe zu, und ſo ſtand er nach einigen Augen¬
blicken abermals vor der ruchloſen Perſon, welche ihn
mit funkelnden Augen beſah, da er ſtatt des erwarte¬
ten Stutzers erſchien. Vitalis ſchüttete aber ſchnell
das geſtohlene Geld auf den Tiſch und ſagte: „Ge¬
nügt das für dieſe Nacht?“ Stumm aber ſorgfältig
zählte ſie das Gut und ſagte dann: „Es genügt!“ und
that es beiſeite.
Nun ſtanden ſie ſich ſonderbarlich gegenüber. Das
Lachen verbeißend ſchaute ſie darein, als ob ſie von
nichts wüßte, und der Mönch prüfte ſie mit ungewiſſen
und kummervollen Blicken und wußte nicht, wie
er es anpacken ſollte, ſie zur Rede zu ſtellen. Als
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