unübertrefflich an einfacher Zartheit und Unschuld und trank einen tüchtigen Krug braunen klaren Bieres dazu.
Als Heinrich fünf Minuten traurig dagesessen und dem Pastor zugesehen hatte, klopfte es an der Thür und Dorothea trat, nur von dem schö¬ nen Hunde begleitet, anmuthig und höflich herein und schien aber ein ganz klein bischen befangen zu sein. "Ich will die Herren nicht stören," sagte sie, "ich wollte Sie nur bitten, Herr Pfarrer, heute Abend bei uns zu sein, da Herr Lee morgen fort¬ reist; Sie sind doch nicht abgehalten?" -- "Gewiß werde ich kommen, erwiederte der Pfarrer, der sich schon wieder gesetzt hatte, "bitte, mein Liebster, holen Sie doch einen Stuhl für das Fräulein!" Heinrich that dies mit großer Herzensfreude und stellte einen zweiten Stuhl an den Tisch, sich ge¬ genüber. "Danke schön!" sagte Dortchen, freund¬ lich lächelnd und zierlich vor sich nieder sehend, indem sie Platz nahm. Nun war Heinrich doch glückselig, da er in der sonnigen und wohnlichen Pfarrersstube ihr gegenübersaß und sie sich so gutmüthig und still verhielt. Der Pfarrer, ob¬
unuͤbertrefflich an einfacher Zartheit und Unſchuld und trank einen tuͤchtigen Krug braunen klaren Bieres dazu.
Als Heinrich fuͤnf Minuten traurig dageſeſſen und dem Paſtor zugeſehen hatte, klopfte es an der Thuͤr und Dorothea trat, nur von dem ſchoͤ¬ nen Hunde begleitet, anmuthig und hoͤflich herein und ſchien aber ein ganz klein bischen befangen zu ſein. »Ich will die Herren nicht ſtoͤren,« ſagte ſie, »ich wollte Sie nur bitten, Herr Pfarrer, heute Abend bei uns zu ſein, da Herr Lee morgen fort¬ reiſt; Sie ſind doch nicht abgehalten?« — »Gewiß werde ich kommen, erwiederte der Pfarrer, der ſich ſchon wieder geſetzt hatte, »bitte, mein Liebſter, holen Sie doch einen Stuhl fuͤr das Fraͤulein!« Heinrich that dies mit großer Herzensfreude und ſtellte einen zweiten Stuhl an den Tiſch, ſich ge¬ genuͤber. »Danke ſchoͤn!« ſagte Dortchen, freund¬ lich laͤchelnd und zierlich vor ſich nieder ſehend, indem ſie Platz nahm. Nun war Heinrich doch gluͤckſelig, da er in der ſonnigen und wohnlichen Pfarrersſtube ihr gegenuͤberſaß und ſie ſich ſo gutmuͤthig und ſtill verhielt. Der Pfarrer, ob¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0434"n="424"/>
unuͤbertrefflich an einfacher Zartheit und Unſchuld<lb/>
und trank einen tuͤchtigen Krug braunen klaren<lb/>
Bieres dazu.</p><lb/><p>Als Heinrich fuͤnf Minuten traurig dageſeſſen<lb/>
und dem Paſtor zugeſehen hatte, klopfte es an<lb/>
der Thuͤr und Dorothea trat, nur von dem ſchoͤ¬<lb/>
nen Hunde begleitet, anmuthig und hoͤflich herein<lb/>
und ſchien aber ein ganz klein bischen befangen<lb/>
zu ſein. »Ich will die Herren nicht ſtoͤren,« ſagte<lb/>ſie, »ich wollte Sie nur bitten, Herr Pfarrer, heute<lb/>
Abend bei uns zu ſein, da Herr Lee morgen fort¬<lb/>
reiſt; Sie ſind doch nicht abgehalten?« — »Gewiß<lb/>
werde ich kommen, erwiederte der Pfarrer, der<lb/>ſich ſchon wieder geſetzt hatte, »bitte, mein Liebſter,<lb/>
holen Sie doch einen Stuhl fuͤr das Fraͤulein!«<lb/>
Heinrich that dies mit großer Herzensfreude und<lb/>ſtellte einen zweiten Stuhl an den Tiſch, ſich ge¬<lb/>
genuͤber. »Danke ſchoͤn!« ſagte Dortchen, freund¬<lb/>
lich laͤchelnd und zierlich vor ſich nieder ſehend,<lb/>
indem ſie Platz nahm. Nun war Heinrich doch<lb/>
gluͤckſelig, da er in der ſonnigen und wohnlichen<lb/>
Pfarrersſtube ihr gegenuͤberſaß und ſie ſich ſo<lb/>
gutmuͤthig und ſtill verhielt. Der Pfarrer, ob¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[424/0434]
unuͤbertrefflich an einfacher Zartheit und Unſchuld
und trank einen tuͤchtigen Krug braunen klaren
Bieres dazu.
Als Heinrich fuͤnf Minuten traurig dageſeſſen
und dem Paſtor zugeſehen hatte, klopfte es an
der Thuͤr und Dorothea trat, nur von dem ſchoͤ¬
nen Hunde begleitet, anmuthig und hoͤflich herein
und ſchien aber ein ganz klein bischen befangen
zu ſein. »Ich will die Herren nicht ſtoͤren,« ſagte
ſie, »ich wollte Sie nur bitten, Herr Pfarrer, heute
Abend bei uns zu ſein, da Herr Lee morgen fort¬
reiſt; Sie ſind doch nicht abgehalten?« — »Gewiß
werde ich kommen, erwiederte der Pfarrer, der
ſich ſchon wieder geſetzt hatte, »bitte, mein Liebſter,
holen Sie doch einen Stuhl fuͤr das Fraͤulein!«
Heinrich that dies mit großer Herzensfreude und
ſtellte einen zweiten Stuhl an den Tiſch, ſich ge¬
genuͤber. »Danke ſchoͤn!« ſagte Dortchen, freund¬
lich laͤchelnd und zierlich vor ſich nieder ſehend,
indem ſie Platz nahm. Nun war Heinrich doch
gluͤckſelig, da er in der ſonnigen und wohnlichen
Pfarrersſtube ihr gegenuͤberſaß und ſie ſich ſo
gutmuͤthig und ſtill verhielt. Der Pfarrer, ob¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/434>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.