und bestärkte sich schmerzlich in dieser unerbauli¬ chen Ansicht, da er ganz mürbe und demüthig geworden war und jetzt nicht das geringste Lie¬ benswürdige an sich fand. So bitter dieser selbst¬ gemischte Trank anfangs zu trinken war, so brachte er doch einige Ruhe zurück, in Folge derer die eingeschlafene Vernunft auch wieder auftauchte und den Aufgeregten in ihre kühlenden Arme nahm.
Was dem Einen recht, ist dem Andern billig, und wie du mir, so ich dir, sind die zwei golde¬ nen Sprüche auch in Liebeshändeln, wenigstens bei gesunden und normalen Menschen, und die beste Kur für ein krankes Herz ist die unzweifel¬ hafte Gewißheit, daß sein Leiden nicht im Min¬ desten getheilt wird. Nur eigensinnige, selbstsüch¬ tige und krankhafte Verfassungen laufen Gefahr, sich aufzulösen, wenn sie durchaus nicht geliebt werden von denen, auf die sie ihr Auge gewor¬ fen. Aber was hätte sein können und nicht ge¬ worden ist, macht wirklich unglücklich, und kein Trost hilft, daß die Welt weit sei und hinter dem Berge auch noch Leute wohnen; denn nur
und beſtaͤrkte ſich ſchmerzlich in dieſer unerbauli¬ chen Anſicht, da er ganz muͤrbe und demuͤthig geworden war und jetzt nicht das geringſte Lie¬ benswuͤrdige an ſich fand. So bitter dieſer ſelbſt¬ gemiſchte Trank anfangs zu trinken war, ſo brachte er doch einige Ruhe zuruͤck, in Folge derer die eingeſchlafene Vernunft auch wieder auftauchte und den Aufgeregten in ihre kuͤhlenden Arme nahm.
Was dem Einen recht, iſt dem Andern billig, und wie du mir, ſo ich dir, ſind die zwei golde¬ nen Spruͤche auch in Liebeshaͤndeln, wenigſtens bei geſunden und normalen Menſchen, und die beſte Kur fuͤr ein krankes Herz iſt die unzweifel¬ hafte Gewißheit, daß ſein Leiden nicht im Min¬ deſten getheilt wird. Nur eigenſinnige, ſelbſtſuͤch¬ tige und krankhafte Verfaſſungen laufen Gefahr, ſich aufzuloͤſen, wenn ſie durchaus nicht geliebt werden von denen, auf die ſie ihr Auge gewor¬ fen. Aber was haͤtte ſein koͤnnen und nicht ge¬ worden iſt, macht wirklich ungluͤcklich, und kein Troſt hilft, daß die Welt weit ſei und hinter dem Berge auch noch Leute wohnen; denn nur
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und beſtaͤrkte ſich ſchmerzlich in dieſer unerbauli¬
chen Anſicht, da er ganz muͤrbe und demuͤthig
geworden war und jetzt nicht das geringſte Lie¬
benswuͤrdige an ſich fand. So bitter dieſer ſelbſt¬
gemiſchte Trank anfangs zu trinken war, ſo brachte
er doch einige Ruhe zuruͤck, in Folge derer die
eingeſchlafene Vernunft auch wieder auftauchte
und den Aufgeregten in ihre kuͤhlenden Arme
nahm.
Was dem Einen recht, iſt dem Andern billig,
und wie du mir, ſo ich dir, ſind die zwei golde¬
nen Spruͤche auch in Liebeshaͤndeln, wenigſtens
bei geſunden und normalen Menſchen, und die
beſte Kur fuͤr ein krankes Herz iſt die unzweifel¬
hafte Gewißheit, daß ſein Leiden nicht im Min¬
deſten getheilt wird. Nur eigenſinnige, ſelbſtſuͤch¬
tige und krankhafte Verfaſſungen laufen Gefahr,
ſich aufzuloͤſen, wenn ſie durchaus nicht geliebt
werden von denen, auf die ſie ihr Auge gewor¬
fen. Aber was haͤtte ſein koͤnnen und nicht ge¬
worden iſt, macht wirklich ungluͤcklich, und kein
Troſt hilft, daß die Welt weit ſei und hinter
dem Berge auch noch Leute wohnen; denn nur
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/418>, abgerufen am 26.11.2024.
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