dern auf ganz originelle Weise, so zu sagen von Kindesbeinen an!"
Dorothea schämte sich wie ein Backfischchen, dessen Herzensgeheimniß man verrathen hat, und drückte das rothgewordene Gesicht auf das Tisch¬ tuch, daß die schwarzen Locken sich auf der wei¬ ßen Fläche ausbreiteten.
Dieser Vorgang machte auf Heinrich einen Ein¬ druck, der aus Verwunderung und Ueberraschung gemischt war und jenen angenehmen Schrecken herbeiführte, welcher uns befällt, wenn wir ent¬ decken, daß eine geliebte Person Eigenthümlich¬ keiten und Nücken im Gemüthe führt, von de¬ nen wir uns bei aller Bewunderung nichts träu¬ men ließen. Er vermochte aber gar nichts dazu zu sagen, und erst als er nach Tisch mit dem Grafen durch die Gegend strich, befragte er ihn um das Nähere.
"Es ist in der That so;" erwiederte derselbe, "seit sie ihr Urtheil nur ein bischen rühren konnte und diese Dinge nennen hörte, wir wissen die Zeit kaum anzugeben, sagte sie mit aller Unbe¬ fangenheit, aus dem kindlichsten und reinsten
dern auf ganz originelle Weiſe, ſo zu ſagen von Kindesbeinen an!«
Dorothea ſchaͤmte ſich wie ein Backfiſchchen, deſſen Herzensgeheimniß man verrathen hat, und druͤckte das rothgewordene Geſicht auf das Tiſch¬ tuch, daß die ſchwarzen Locken ſich auf der wei¬ ßen Flaͤche ausbreiteten.
Dieſer Vorgang machte auf Heinrich einen Ein¬ druck, der aus Verwunderung und Ueberraſchung gemiſcht war und jenen angenehmen Schrecken herbeifuͤhrte, welcher uns befaͤllt, wenn wir ent¬ decken, daß eine geliebte Perſon Eigenthuͤmlich¬ keiten und Nuͤcken im Gemuͤthe fuͤhrt, von de¬ nen wir uns bei aller Bewunderung nichts traͤu¬ men ließen. Er vermochte aber gar nichts dazu zu ſagen, und erſt als er nach Tiſch mit dem Grafen durch die Gegend ſtrich, befragte er ihn um das Naͤhere.
»Es iſt in der That ſo;« erwiederte derſelbe, »ſeit ſie ihr Urtheil nur ein bischen ruͤhren konnte und dieſe Dinge nennen hoͤrte, wir wiſſen die Zeit kaum anzugeben, ſagte ſie mit aller Unbe¬ fangenheit, aus dem kindlichſten und reinſten
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0390"n="380"/>
dern auf ganz originelle Weiſe, ſo zu ſagen von<lb/>
Kindesbeinen an!«</p><lb/><p>Dorothea ſchaͤmte ſich wie ein Backfiſchchen,<lb/>
deſſen Herzensgeheimniß man verrathen hat, und<lb/>
druͤckte das rothgewordene Geſicht auf das Tiſch¬<lb/>
tuch, daß die ſchwarzen Locken ſich auf der wei¬<lb/>
ßen Flaͤche ausbreiteten.</p><lb/><p>Dieſer Vorgang machte auf Heinrich einen Ein¬<lb/>
druck, der aus Verwunderung und Ueberraſchung<lb/>
gemiſcht war und jenen angenehmen Schrecken<lb/>
herbeifuͤhrte, welcher uns befaͤllt, wenn wir ent¬<lb/>
decken, daß eine geliebte Perſon Eigenthuͤmlich¬<lb/>
keiten und Nuͤcken im Gemuͤthe fuͤhrt, von de¬<lb/>
nen wir uns bei aller Bewunderung nichts traͤu¬<lb/>
men ließen. Er vermochte aber gar nichts dazu<lb/>
zu ſagen, und erſt als er nach Tiſch mit dem<lb/>
Grafen durch die Gegend ſtrich, befragte er ihn<lb/>
um das Naͤhere.</p><lb/><p>»Es iſt in der That ſo;« erwiederte derſelbe,<lb/>
»ſeit ſie ihr Urtheil nur ein bischen ruͤhren konnte<lb/>
und dieſe Dinge nennen hoͤrte, wir wiſſen die<lb/>
Zeit kaum anzugeben, ſagte ſie mit aller Unbe¬<lb/>
fangenheit, aus dem kindlichſten und reinſten<lb/></p></div></body></text></TEI>
[380/0390]
dern auf ganz originelle Weiſe, ſo zu ſagen von
Kindesbeinen an!«
Dorothea ſchaͤmte ſich wie ein Backfiſchchen,
deſſen Herzensgeheimniß man verrathen hat, und
druͤckte das rothgewordene Geſicht auf das Tiſch¬
tuch, daß die ſchwarzen Locken ſich auf der wei¬
ßen Flaͤche ausbreiteten.
Dieſer Vorgang machte auf Heinrich einen Ein¬
druck, der aus Verwunderung und Ueberraſchung
gemiſcht war und jenen angenehmen Schrecken
herbeifuͤhrte, welcher uns befaͤllt, wenn wir ent¬
decken, daß eine geliebte Perſon Eigenthuͤmlich¬
keiten und Nuͤcken im Gemuͤthe fuͤhrt, von de¬
nen wir uns bei aller Bewunderung nichts traͤu¬
men ließen. Er vermochte aber gar nichts dazu
zu ſagen, und erſt als er nach Tiſch mit dem
Grafen durch die Gegend ſtrich, befragte er ihn
um das Naͤhere.
»Es iſt in der That ſo;« erwiederte derſelbe,
»ſeit ſie ihr Urtheil nur ein bischen ruͤhren konnte
und dieſe Dinge nennen hoͤrte, wir wiſſen die
Zeit kaum anzugeben, ſagte ſie mit aller Unbe¬
fangenheit, aus dem kindlichſten und reinſten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/390>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.