lassen dieses Berufes gar keine Bedeutung und könnte uns hier nicht weiter beschäftigen. Da Sie aber, wie ich den Beweis im Hause habe, unter günstigeren Umständen oder bei besserer Aus¬ dauer gar wohl noch eine so gute Figur hätten machen können, als so mancher sein Ansehen küm¬ merlich aufrechthaltende Gesell, der thut, als ob die Musen an seiner Wiege gestanden hätten, so gewinnt die Sache einen tieferen Sinn, und ich gestehe aufrichtig, daß es mir ausnehmend wohl gefällt und mir als ein stolzer und wohlbewußter Streich erscheint, ein Handwerk, das man ver¬ steht, durchschaut und sehr wohl empfindet, den¬ noch wegzuwerfen, wie einen alten Handschuh, weil es uns nicht zu erfüllen vermag, und sich dafür unverweilt die weite lebendige Welt anzueignen."
"Sie täuschen sich," unterbrach ihn Hein¬ rich, "ich konnte wirklich nichts machen, ich habe es ja versucht, und auch bei günstigeren Verhält¬ nissen würde ich höchstens ein stelzbeiniger dilet¬ tantischer Akademist geworden sein, einer jener Absonderlichen, die etwas Apartes vorstellen und dennoch nicht in die Welt und in die Zeit taugen!"
laſſen dieſes Berufes gar keine Bedeutung und koͤnnte uns hier nicht weiter beſchaͤftigen. Da Sie aber, wie ich den Beweis im Hauſe habe, unter guͤnſtigeren Umſtaͤnden oder bei beſſerer Aus¬ dauer gar wohl noch eine ſo gute Figur haͤtten machen koͤnnen, als ſo mancher ſein Anſehen kuͤm¬ merlich aufrechthaltende Geſell, der thut, als ob die Muſen an ſeiner Wiege geſtanden haͤtten, ſo gewinnt die Sache einen tieferen Sinn, und ich geſtehe aufrichtig, daß es mir ausnehmend wohl gefaͤllt und mir als ein ſtolzer und wohlbewußter Streich erſcheint, ein Handwerk, das man ver¬ ſteht, durchſchaut und ſehr wohl empfindet, den¬ noch wegzuwerfen, wie einen alten Handſchuh, weil es uns nicht zu erfuͤllen vermag, und ſich dafuͤr unverweilt die weite lebendige Welt anzueignen.«
»Sie taͤuſchen ſich,« unterbrach ihn Hein¬ rich, »ich konnte wirklich nichts machen, ich habe es ja verſucht, und auch bei guͤnſtigeren Verhaͤlt¬ niſſen wuͤrde ich hoͤchſtens ein ſtelzbeiniger dilet¬ tantiſcher Akademiſt geworden ſein, einer jener Abſonderlichen, die etwas Apartes vorſtellen und dennoch nicht in die Welt und in die Zeit taugen!«
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laſſen dieſes Berufes gar keine Bedeutung und
koͤnnte uns hier nicht weiter beſchaͤftigen. Da
Sie aber, wie ich den Beweis im Hauſe habe,
unter guͤnſtigeren Umſtaͤnden oder bei beſſerer Aus¬
dauer gar wohl noch eine ſo gute Figur haͤtten
machen koͤnnen, als ſo mancher ſein Anſehen kuͤm¬
merlich aufrechthaltende Geſell, der thut, als ob
die Muſen an ſeiner Wiege geſtanden haͤtten, ſo
gewinnt die Sache einen tieferen Sinn, und ich
geſtehe aufrichtig, daß es mir ausnehmend wohl
gefaͤllt und mir als ein ſtolzer und wohlbewußter
Streich erſcheint, ein Handwerk, das man ver¬
ſteht, durchſchaut und ſehr wohl empfindet, den¬
noch wegzuwerfen, wie einen alten Handſchuh, weil
es uns nicht zu erfuͤllen vermag, und ſich dafuͤr
unverweilt die weite lebendige Welt anzueignen.«
»Sie taͤuſchen ſich,« unterbrach ihn Hein¬
rich, »ich konnte wirklich nichts machen, ich habe
es ja verſucht, und auch bei guͤnſtigeren Verhaͤlt¬
niſſen wuͤrde ich hoͤchſtens ein ſtelzbeiniger dilet¬
tantiſcher Akademiſt geworden ſein, einer jener
Abſonderlichen, die etwas Apartes vorſtellen und
dennoch nicht in die Welt und in die Zeit taugen!«
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/343>, abgerufen am 22.11.2024.
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