fand, und dicht zu seinen Füßen lag ein alter¬ thümliches Städtlein, wo um ein graues mächti¬ ges Kirchenschiff und um den Giebel des Rath¬ hauses sich ein hundert kleine Häuser zusammen¬ kauerten. Heinrich sah in die paar Sträßlein und auf den Platz hinein, wie auf einen Pfannkuchen, und sah zu seiner Verwunderung, daß die ganze Einwohnerschaft trotz des Regenwetters auf den Beinen war und die kleine Oeffentlichkeit des Or¬ tes erfüllte. Er bemerkte auch alsbald, daß einige Feuerspritzen, begleitet von vielen Männern in kühnen Feuerkappen, sich durch das Gedränge be¬ wegten, und da er keinen Rauch sah, so nahm er an, daß diese Leute wohl ihre herbstliche Feuer¬ musterung und Spritzenprobe hielten. So war es auch; denn indem um das Rathhaus herum Platz gemacht wurde und man Feuerleitern daran legte, fingirte man kühnlich einen Brand auf dem Dache desselben, und alle Fenster des Städtleins waren geöffnet und die Einwohner, so nicht auf der Straße waren, harrten vergnügt unter den Fenstern der tapferen jährlichen Bespritzung ihres Rathhausgiebels. Um die Uebung unternehmen¬
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fand, und dicht zu ſeinen Fuͤßen lag ein alter¬ thuͤmliches Staͤdtlein, wo um ein graues maͤchti¬ ges Kirchenſchiff und um den Giebel des Rath¬ hauſes ſich ein hundert kleine Haͤuſer zuſammen¬ kauerten. Heinrich ſah in die paar Straͤßlein und auf den Platz hinein, wie auf einen Pfannkuchen, und ſah zu ſeiner Verwunderung, daß die ganze Einwohnerſchaft trotz des Regenwetters auf den Beinen war und die kleine Oeffentlichkeit des Or¬ tes erfuͤllte. Er bemerkte auch alsbald, daß einige Feuerſpritzen, begleitet von vielen Maͤnnern in kuͤhnen Feuerkappen, ſich durch das Gedraͤnge be¬ wegten, und da er keinen Rauch ſah, ſo nahm er an, daß dieſe Leute wohl ihre herbſtliche Feuer¬ muſterung und Spritzenprobe hielten. So war es auch; denn indem um das Rathhaus herum Platz gemacht wurde und man Feuerleitern daran legte, fingirte man kuͤhnlich einen Brand auf dem Dache deſſelben, und alle Fenſter des Staͤdtleins waren geoͤffnet und die Einwohner, ſo nicht auf der Straße waren, harrten vergnuͤgt unter den Fenſtern der tapferen jaͤhrlichen Beſpritzung ihres Rathhausgiebels. Um die Uebung unternehmen¬
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fand, und dicht zu ſeinen Fuͤßen lag ein alter¬
thuͤmliches Staͤdtlein, wo um ein graues maͤchti¬
ges Kirchenſchiff und um den Giebel des Rath¬
hauſes ſich ein hundert kleine Haͤuſer zuſammen¬
kauerten. Heinrich ſah in die paar Straͤßlein und
auf den Platz hinein, wie auf einen Pfannkuchen,
und ſah zu ſeiner Verwunderung, daß die ganze
Einwohnerſchaft trotz des Regenwetters auf den
Beinen war und die kleine Oeffentlichkeit des Or¬
tes erfuͤllte. Er bemerkte auch alsbald, daß einige
Feuerſpritzen, begleitet von vielen Maͤnnern in
kuͤhnen Feuerkappen, ſich durch das Gedraͤnge be¬
wegten, und da er keinen Rauch ſah, ſo nahm
er an, daß dieſe Leute wohl ihre herbſtliche Feuer¬
muſterung und Spritzenprobe hielten. So war es
auch; denn indem um das Rathhaus herum Platz
gemacht wurde und man Feuerleitern daran legte,
fingirte man kuͤhnlich einen Brand auf dem
Dache deſſelben, und alle Fenſter des Staͤdtleins
waren geoͤffnet und die Einwohner, ſo nicht auf
der Straße waren, harrten vergnuͤgt unter den
Fenſtern der tapferen jaͤhrlichen Beſpritzung ihres
Rathhausgiebels. Um die Uebung unternehmen¬
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/301>, abgerufen am 22.11.2024.
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