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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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hoffen, daß ich sein Andenken je länger, je weni¬
ger zu fürchten brauche, ja sogar, daß das Be¬
streben, in Glauben oder Unglauben zu gefallen,
eines Tages sich mir gänzlich zuwenden werde;
denn ich fühle eine solche Ganzheit und Sicher¬
heit der Liebe zu Dir in mir, daß ich mir Mei¬
sterschaft und Kunst genug zutraue, den Lauf
Deines Geblütes endlich ganz zu meinem Gunsten
zu lenken!"

Agnes blickte während dieser Worte wieder
vor sich nieder, ohne den Mund zu verziehen, wie
in tiefen Gedanken verloren; doch dann stand sie
auf und küßte den Gottesmacher mehrere Male
auf den Mund.

Es wurde nun beschlossen, gleich mit dem
Beginne des Frühlings die Hochzeit zu begehen
und nach dem Rheine zu ziehen, was auch Alles
auf das Beste geschah, und der Gottesmacher
war und blieb so glücklich, daß daraus nothwen¬
dig auf Agnesens eigenes Glück zu schließen war.
Ihre Mutter war erst in der großen belebten
Stadt geblieben, da ihrem eiteln Sinne dieselbe
zur Unterlage nöthig schien; auch hoffte sie im

IV. 2

hoffen, daß ich ſein Andenken je laͤnger, je weni¬
ger zu fuͤrchten brauche, ja ſogar, daß das Be¬
ſtreben, in Glauben oder Unglauben zu gefallen,
eines Tages ſich mir gaͤnzlich zuwenden werde;
denn ich fuͤhle eine ſolche Ganzheit und Sicher¬
heit der Liebe zu Dir in mir, daß ich mir Mei¬
ſterſchaft und Kunſt genug zutraue, den Lauf
Deines Gebluͤtes endlich ganz zu meinem Gunſten
zu lenken!«

Agnes blickte waͤhrend dieſer Worte wieder
vor ſich nieder, ohne den Mund zu verziehen, wie
in tiefen Gedanken verloren; doch dann ſtand ſie
auf und kuͤßte den Gottesmacher mehrere Male
auf den Mund.

Es wurde nun beſchloſſen, gleich mit dem
Beginne des Fruͤhlings die Hochzeit zu begehen
und nach dem Rheine zu ziehen, was auch Alles
auf das Beſte geſchah, und der Gottesmacher
war und blieb ſo gluͤcklich, daß daraus nothwen¬
dig auf Agneſens eigenes Gluͤck zu ſchließen war.
Ihre Mutter war erſt in der großen belebten
Stadt geblieben, da ihrem eiteln Sinne dieſelbe
zur Unterlage noͤthig ſchien; auch hoffte ſie im

IV. 2
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[17/0027] hoffen, daß ich ſein Andenken je laͤnger, je weni¬ ger zu fuͤrchten brauche, ja ſogar, daß das Be¬ ſtreben, in Glauben oder Unglauben zu gefallen, eines Tages ſich mir gaͤnzlich zuwenden werde; denn ich fuͤhle eine ſolche Ganzheit und Sicher¬ heit der Liebe zu Dir in mir, daß ich mir Mei¬ ſterſchaft und Kunſt genug zutraue, den Lauf Deines Gebluͤtes endlich ganz zu meinem Gunſten zu lenken!« Agnes blickte waͤhrend dieſer Worte wieder vor ſich nieder, ohne den Mund zu verziehen, wie in tiefen Gedanken verloren; doch dann ſtand ſie auf und kuͤßte den Gottesmacher mehrere Male auf den Mund. Es wurde nun beſchloſſen, gleich mit dem Beginne des Fruͤhlings die Hochzeit zu begehen und nach dem Rheine zu ziehen, was auch Alles auf das Beſte geſchah, und der Gottesmacher war und blieb ſo gluͤcklich, daß daraus nothwen¬ dig auf Agneſens eigenes Gluͤck zu ſchließen war. Ihre Mutter war erſt in der großen belebten Stadt geblieben, da ihrem eiteln Sinne dieſelbe zur Unterlage noͤthig ſchien; auch hoffte ſie im IV. 2

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/27>, abgerufen am 26.11.2024.