Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

und weithin in die Luft warf, worauf sie in
einem goldenen Regen über Heinrich herabfielen,
der sie in seinem Hute auffing und sah, daß sie
sich in lauter goldene Schaumünzen verwandelten,
auf welchen ein alter Schweizer mit dem Schwerte
geprägt war und mit einem sehr langen Barte.
Er zählte sie eifrig und konnte sie doch nicht
auszählen, füllte aber alle Taschen damit; die er
nicht hineinbrachte, als sie voll waren, warf er
wieder in die Luft, da verwandelte sich der Gold¬
regen in einen prächtigen Goldfuchs, welcher
wiehernd an der Erde scharrte, aus welcher dann
der schönste Hafer in Haufen hervorquoll, den
der Goldfuchs muthwillig verschmähte. Jedes
Haferkorn war ein süßer Mandelkern, eine ge¬
trocknete Weinbeere und ein neuer Batzen, die in
rothe Seide zusammengewickelt und mit einem
goldenen Faden zugebunden waren; zugleich war
ein Endchen Schweinsborste eingebunden, welche
einen angenehm kitzelte, und indem das schöne
Pferd sich behaglich darin wälzte, rief es: der
Hafer sticht mich! der Hafer sticht mich! Hein¬
rich bestieg das Pferd, ritt beschaulich am Ufer

und weithin in die Luft warf, worauf ſie in
einem goldenen Regen uͤber Heinrich herabfielen,
der ſie in ſeinem Hute auffing und ſah, daß ſie
ſich in lauter goldene Schaumuͤnzen verwandelten,
auf welchen ein alter Schweizer mit dem Schwerte
gepraͤgt war und mit einem ſehr langen Barte.
Er zaͤhlte ſie eifrig und konnte ſie doch nicht
auszaͤhlen, fuͤllte aber alle Taſchen damit; die er
nicht hineinbrachte, als ſie voll waren, warf er
wieder in die Luft, da verwandelte ſich der Gold¬
regen in einen praͤchtigen Goldfuchs, welcher
wiehernd an der Erde ſcharrte, aus welcher dann
der ſchoͤnſte Hafer in Haufen hervorquoll, den
der Goldfuchs muthwillig verſchmaͤhte. Jedes
Haferkorn war ein ſuͤßer Mandelkern, eine ge¬
trocknete Weinbeere und ein neuer Batzen, die in
rothe Seide zuſammengewickelt und mit einem
goldenen Faden zugebunden waren; zugleich war
ein Endchen Schweinsborſte eingebunden, welche
einen angenehm kitzelte, und indem das ſchoͤne
Pferd ſich behaglich darin waͤlzte, rief es: der
Hafer ſticht mich! der Hafer ſticht mich! Hein¬
rich beſtieg das Pferd, ritt beſchaulich am Ufer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0232" n="222"/>
und weithin in die Luft warf, worauf &#x017F;ie in<lb/>
einem goldenen Regen u&#x0364;ber Heinrich herabfielen,<lb/>
der &#x017F;ie in &#x017F;einem Hute auffing und &#x017F;ah, daß &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich in lauter goldene Schaumu&#x0364;nzen verwandelten,<lb/>
auf welchen ein alter Schweizer mit dem Schwerte<lb/>
gepra&#x0364;gt war und mit einem &#x017F;ehr langen Barte.<lb/>
Er za&#x0364;hlte &#x017F;ie eifrig und konnte &#x017F;ie doch nicht<lb/>
ausza&#x0364;hlen, fu&#x0364;llte aber alle Ta&#x017F;chen damit; die er<lb/>
nicht hineinbrachte, als &#x017F;ie voll waren, warf er<lb/>
wieder in die Luft, da verwandelte &#x017F;ich der Gold¬<lb/>
regen in einen pra&#x0364;chtigen Goldfuchs, welcher<lb/>
wiehernd an der Erde &#x017F;charrte, aus welcher dann<lb/>
der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Hafer in Haufen hervorquoll, den<lb/>
der Goldfuchs muthwillig ver&#x017F;chma&#x0364;hte. Jedes<lb/>
Haferkorn war ein &#x017F;u&#x0364;ßer Mandelkern, eine ge¬<lb/>
trocknete Weinbeere und ein neuer Batzen, die in<lb/>
rothe Seide zu&#x017F;ammengewickelt und mit einem<lb/>
goldenen Faden zugebunden waren; zugleich war<lb/>
ein Endchen Schweinsbor&#x017F;te eingebunden, welche<lb/>
einen angenehm kitzelte, und indem das &#x017F;cho&#x0364;ne<lb/>
Pferd &#x017F;ich behaglich darin wa&#x0364;lzte, rief es: der<lb/>
Hafer &#x017F;ticht mich! der Hafer &#x017F;ticht mich! Hein¬<lb/>
rich be&#x017F;tieg das Pferd, ritt be&#x017F;chaulich am Ufer<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0232] und weithin in die Luft warf, worauf ſie in einem goldenen Regen uͤber Heinrich herabfielen, der ſie in ſeinem Hute auffing und ſah, daß ſie ſich in lauter goldene Schaumuͤnzen verwandelten, auf welchen ein alter Schweizer mit dem Schwerte gepraͤgt war und mit einem ſehr langen Barte. Er zaͤhlte ſie eifrig und konnte ſie doch nicht auszaͤhlen, fuͤllte aber alle Taſchen damit; die er nicht hineinbrachte, als ſie voll waren, warf er wieder in die Luft, da verwandelte ſich der Gold¬ regen in einen praͤchtigen Goldfuchs, welcher wiehernd an der Erde ſcharrte, aus welcher dann der ſchoͤnſte Hafer in Haufen hervorquoll, den der Goldfuchs muthwillig verſchmaͤhte. Jedes Haferkorn war ein ſuͤßer Mandelkern, eine ge¬ trocknete Weinbeere und ein neuer Batzen, die in rothe Seide zuſammengewickelt und mit einem goldenen Faden zugebunden waren; zugleich war ein Endchen Schweinsborſte eingebunden, welche einen angenehm kitzelte, und indem das ſchoͤne Pferd ſich behaglich darin waͤlzte, rief es: der Hafer ſticht mich! der Hafer ſticht mich! Hein¬ rich beſtieg das Pferd, ritt beſchaulich am Ufer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/232
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/232>, abgerufen am 25.11.2024.