wurden, daß sie sich zeitig selbst ernährten, und wenn je einmal eine ganz behagliche Familie ih¬ rem in die Klemme gerathenen Sohn Schreiner oder Schlosser einige Thaler übersandte, so ge¬ schah dies mit einem erheblichen Aufwande von Lärm, und des Goldeinwechselns, Verpackens, Versiegelns, Versicherns auf der Post und des Sprechens von alledem war kein Ende; daß aber Heinrich schon abgereist war, um förmlich im Auslande von einer bestimmten Summe zu leben, dazu hatten die Nachbaren schon die Köpfe ge¬ schüttelt und gemeint, er hätte doch schon genug gekostet und könnte nun sehen, etwas zu verdie¬ nen, wie anderer Leute Kinder auch. Deshalb sagte seine Mutter zu Niemandem, warum sie so sparsam sei.
Der Held dieser Geschichte reichte auch mit jener Summe für ein Jahr so knapp aus; denn obgleich dieselbe sehr bescheiden war, so waren seine Gewohnheiten und Ansprüche zu jener Zeit trotz aller Anlage zu einem tüchtigen Aufschwunge eben so bescheiden, und da die Mutter ihm das Geld vorsorglich nur in vielen kleinen Abtheilun¬
wurden, daß ſie ſich zeitig ſelbſt ernaͤhrten, und wenn je einmal eine ganz behagliche Familie ih¬ rem in die Klemme gerathenen Sohn Schreiner oder Schloſſer einige Thaler uͤberſandte, ſo ge¬ ſchah dies mit einem erheblichen Aufwande von Laͤrm, und des Goldeinwechſelns, Verpackens, Verſiegelns, Verſicherns auf der Poſt und des Sprechens von alledem war kein Ende; daß aber Heinrich ſchon abgereiſt war, um foͤrmlich im Auslande von einer beſtimmten Summe zu leben, dazu hatten die Nachbaren ſchon die Koͤpfe ge¬ ſchuͤttelt und gemeint, er haͤtte doch ſchon genug gekoſtet und koͤnnte nun ſehen, etwas zu verdie¬ nen, wie anderer Leute Kinder auch. Deshalb ſagte ſeine Mutter zu Niemandem, warum ſie ſo ſparſam ſei.
Der Held dieſer Geſchichte reichte auch mit jener Summe fuͤr ein Jahr ſo knapp aus; denn obgleich dieſelbe ſehr beſcheiden war, ſo waren ſeine Gewohnheiten und Anſpruͤche zu jener Zeit trotz aller Anlage zu einem tuͤchtigen Aufſchwunge eben ſo beſcheiden, und da die Mutter ihm das Geld vorſorglich nur in vielen kleinen Abtheilun¬
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wurden, daß ſie ſich zeitig ſelbſt ernaͤhrten, und
wenn je einmal eine ganz behagliche Familie ih¬
rem in die Klemme gerathenen Sohn Schreiner
oder Schloſſer einige Thaler uͤberſandte, ſo ge¬
ſchah dies mit einem erheblichen Aufwande von
Laͤrm, und des Goldeinwechſelns, Verpackens,
Verſiegelns, Verſicherns auf der Poſt und des
Sprechens von alledem war kein Ende; daß aber
Heinrich ſchon abgereiſt war, um foͤrmlich im
Auslande von einer beſtimmten Summe zu leben,
dazu hatten die Nachbaren ſchon die Koͤpfe ge¬
ſchuͤttelt und gemeint, er haͤtte doch ſchon genug
gekoſtet und koͤnnte nun ſehen, etwas zu verdie¬
nen, wie anderer Leute Kinder auch. Deshalb
ſagte ſeine Mutter zu Niemandem, warum ſie ſo
ſparſam ſei.
Der Held dieſer Geſchichte reichte auch mit
jener Summe fuͤr ein Jahr ſo knapp aus; denn
obgleich dieſelbe ſehr beſcheiden war, ſo waren
ſeine Gewohnheiten und Anſpruͤche zu jener Zeit
trotz aller Anlage zu einem tuͤchtigen Aufſchwunge
eben ſo beſcheiden, und da die Mutter ihm das
Geld vorſorglich nur in vielen kleinen Abtheilun¬
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/121>, abgerufen am 29.11.2024.
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