Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

rend eines Aufenthaltes im Dorfe ausbedungen
hatte.

Als wir daher in des Schulmeisters Haus
ankamen und dort die Muhme mit einem Sohne
und zwei Töchtern vorfanden, welche uns erwar¬
teten, theils um sogleich zu hören, was der Arzt
gesprochen, theils um dem Schulmeister das Zu¬
rückbringen des geliehenen Fuhrwerks zu erspa¬
ren, als sie nun mich mitnehmen wollten und der
Schulmeister sich freundlich dagegen beschwerte,
erklärte ich unversehens, hier bleiben zu wollen,
und die alte Katharine, welche jetzt Anna's wegen
sehr sorgenvoll und kleinlaut war, eilte, mir ein
Unterkommen zu bereiten, indessen Anna, welche
ganz ermüdet und angegriffen war und von Hu¬
sten befallen wurde, sich sogleich zu Bett begeben
mußte. Sie führte mich an einen artig eingerich¬
teten Tisch, auf welchem ihre Bücher und Ar¬
beitssachen, auch Papier und Schreibzeug lagen,
setzte Licht darauf und sagte lächelnd: "Mein Va¬
ter bleibt alle Abend bei mir, bis ich eingeschla¬
fen bin, und liest mir manchmal etwas vor. Hier
kannst Du Dich vielleicht so lange beschäftigen.

rend eines Aufenthaltes im Dorfe ausbedungen
hatte.

Als wir daher in des Schulmeiſters Haus
ankamen und dort die Muhme mit einem Sohne
und zwei Toͤchtern vorfanden, welche uns erwar¬
teten, theils um ſogleich zu hoͤren, was der Arzt
geſprochen, theils um dem Schulmeiſter das Zu¬
ruͤckbringen des geliehenen Fuhrwerks zu erſpa¬
ren, als ſie nun mich mitnehmen wollten und der
Schulmeiſter ſich freundlich dagegen beſchwerte,
erklaͤrte ich unverſehens, hier bleiben zu wollen,
und die alte Katharine, welche jetzt Anna's wegen
ſehr ſorgenvoll und kleinlaut war, eilte, mir ein
Unterkommen zu bereiten, indeſſen Anna, welche
ganz ermuͤdet und angegriffen war und von Hu¬
ſten befallen wurde, ſich ſogleich zu Bett begeben
mußte. Sie fuͤhrte mich an einen artig eingerich¬
teten Tiſch, auf welchem ihre Buͤcher und Ar¬
beitsſachen, auch Papier und Schreibzeug lagen,
ſetzte Licht darauf und ſagte laͤchelnd: »Mein Va¬
ter bleibt alle Abend bei mir, bis ich eingeſchla¬
fen bin, und lieſt mir manchmal etwas vor. Hier
kannſt Du Dich vielleicht ſo lange beſchaͤftigen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0063" n="53"/>
rend eines Aufenthaltes im Dorfe ausbedungen<lb/>
hatte.</p><lb/>
        <p>Als wir daher in des Schulmei&#x017F;ters Haus<lb/>
ankamen und dort die Muhme mit einem Sohne<lb/>
und zwei To&#x0364;chtern vorfanden, welche uns erwar¬<lb/>
teten, theils um &#x017F;ogleich zu ho&#x0364;ren, was der Arzt<lb/>
ge&#x017F;prochen, theils um dem Schulmei&#x017F;ter das Zu¬<lb/>
ru&#x0364;ckbringen des geliehenen Fuhrwerks zu er&#x017F;pa¬<lb/>
ren, als &#x017F;ie nun mich mitnehmen wollten und der<lb/>
Schulmei&#x017F;ter &#x017F;ich freundlich dagegen be&#x017F;chwerte,<lb/>
erkla&#x0364;rte ich unver&#x017F;ehens, hier bleiben zu wollen,<lb/>
und die alte Katharine, welche jetzt Anna's wegen<lb/>
&#x017F;ehr &#x017F;orgenvoll und kleinlaut war, eilte, mir ein<lb/>
Unterkommen zu bereiten, inde&#x017F;&#x017F;en Anna, welche<lb/>
ganz ermu&#x0364;det und angegriffen war und von Hu¬<lb/>
&#x017F;ten befallen wurde, &#x017F;ich &#x017F;ogleich zu Bett begeben<lb/>
mußte. Sie fu&#x0364;hrte mich an einen artig eingerich¬<lb/>
teten Ti&#x017F;ch, auf welchem ihre Bu&#x0364;cher und Ar¬<lb/>
beits&#x017F;achen, auch Papier und Schreibzeug lagen,<lb/>
&#x017F;etzte Licht darauf und &#x017F;agte la&#x0364;chelnd: »Mein Va¬<lb/>
ter bleibt alle Abend bei mir, bis ich einge&#x017F;chla¬<lb/>
fen bin, und lie&#x017F;t mir manchmal etwas vor. Hier<lb/>
kann&#x017F;t Du Dich vielleicht &#x017F;o lange be&#x017F;cha&#x0364;ftigen.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0063] rend eines Aufenthaltes im Dorfe ausbedungen hatte. Als wir daher in des Schulmeiſters Haus ankamen und dort die Muhme mit einem Sohne und zwei Toͤchtern vorfanden, welche uns erwar¬ teten, theils um ſogleich zu hoͤren, was der Arzt geſprochen, theils um dem Schulmeiſter das Zu¬ ruͤckbringen des geliehenen Fuhrwerks zu erſpa¬ ren, als ſie nun mich mitnehmen wollten und der Schulmeiſter ſich freundlich dagegen beſchwerte, erklaͤrte ich unverſehens, hier bleiben zu wollen, und die alte Katharine, welche jetzt Anna's wegen ſehr ſorgenvoll und kleinlaut war, eilte, mir ein Unterkommen zu bereiten, indeſſen Anna, welche ganz ermuͤdet und angegriffen war und von Hu¬ ſten befallen wurde, ſich ſogleich zu Bett begeben mußte. Sie fuͤhrte mich an einen artig eingerich¬ teten Tiſch, auf welchem ihre Buͤcher und Ar¬ beitsſachen, auch Papier und Schreibzeug lagen, ſetzte Licht darauf und ſagte laͤchelnd: »Mein Va¬ ter bleibt alle Abend bei mir, bis ich eingeſchla¬ fen bin, und lieſt mir manchmal etwas vor. Hier kannſt Du Dich vielleicht ſo lange beſchaͤftigen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/63
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/63>, abgerufen am 05.05.2024.