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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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in der sonnverbrannten braungelben römischen
Campagne mit den blauen Höhenzügen in der
Ferne und dem grauröthlichen Duft am Himmel
konnte ich auswendig herpinseln.

Und wie schön waren alle diese Gegenstände!
Auf einer sicilianischen Küstenstudie war vorn
zwischen goldenen Felsen eine Stelle im Meere,
welche in der allerfabelhaftesten purpurnen Bläue
funkelte, wie sie der ausschweifendste Mährchen¬
dichter nicht auffallender hätte ersinnen können.
Aber sie war hier an ihrem rechten und gesetz¬
mäßigen Platze und machte daher eine zehn Mal
poetischere Wirkung, als wenn sie in einer er¬
fundenen Landschaft unter anderen Umständen
angebracht worden wäre.

Einen besonderen Reiz gewahrten mir die
Trümmer griechischer Baukunst, welche sich da
und dort fanden. Ich empfand wieder Poesie,
wenn ich das weiße, sonnige Marmorgebälke
eines dorischen Tempels vom blauen Himmel
abheben mußte. Die horizontalen Linien an Ar¬
chitrav, Fries und Kranz, sowie die Kanelirun¬
gen der Säulen mußten mit der zartesten Ge¬

in der ſonnverbrannten braungelben roͤmiſchen
Campagne mit den blauen Hoͤhenzuͤgen in der
Ferne und dem grauroͤthlichen Duft am Himmel
konnte ich auswendig herpinſeln.

Und wie ſchoͤn waren alle dieſe Gegenſtaͤnde!
Auf einer ſicilianiſchen Kuͤſtenſtudie war vorn
zwiſchen goldenen Felſen eine Stelle im Meere,
welche in der allerfabelhafteſten purpurnen Blaͤue
funkelte, wie ſie der ausſchweifendſte Maͤhrchen¬
dichter nicht auffallender haͤtte erſinnen koͤnnen.
Aber ſie war hier an ihrem rechten und geſetz¬
maͤßigen Platze und machte daher eine zehn Mal
poetiſchere Wirkung, als wenn ſie in einer er¬
fundenen Landſchaft unter anderen Umſtaͤnden
angebracht worden waͤre.

Einen beſonderen Reiz gewahrten mir die
Truͤmmer griechiſcher Baukunſt, welche ſich da
und dort fanden. Ich empfand wieder Poeſie,
wenn ich das weiße, ſonnige Marmorgebaͤlke
eines doriſchen Tempels vom blauen Himmel
abheben mußte. Die horizontalen Linien an Ar¬
chitrav, Fries und Kranz, ſowie die Kanelirun¬
gen der Saͤulen mußten mit der zarteſten Ge¬

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[34/0044] in der ſonnverbrannten braungelben roͤmiſchen Campagne mit den blauen Hoͤhenzuͤgen in der Ferne und dem grauroͤthlichen Duft am Himmel konnte ich auswendig herpinſeln. Und wie ſchoͤn waren alle dieſe Gegenſtaͤnde! Auf einer ſicilianiſchen Kuͤſtenſtudie war vorn zwiſchen goldenen Felſen eine Stelle im Meere, welche in der allerfabelhafteſten purpurnen Blaͤue funkelte, wie ſie der ausſchweifendſte Maͤhrchen¬ dichter nicht auffallender haͤtte erſinnen koͤnnen. Aber ſie war hier an ihrem rechten und geſetz¬ maͤßigen Platze und machte daher eine zehn Mal poetiſchere Wirkung, als wenn ſie in einer er¬ fundenen Landſchaft unter anderen Umſtaͤnden angebracht worden waͤre. Einen beſonderen Reiz gewahrten mir die Truͤmmer griechiſcher Baukunſt, welche ſich da und dort fanden. Ich empfand wieder Poeſie, wenn ich das weiße, ſonnige Marmorgebaͤlke eines doriſchen Tempels vom blauen Himmel abheben mußte. Die horizontalen Linien an Ar¬ chitrav, Fries und Kranz, ſowie die Kanelirun¬ gen der Saͤulen mußten mit der zarteſten Ge¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/44>, abgerufen am 23.11.2024.