Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

geholt wurden: und als alles dies zu Stande ge¬
kommen, indessen auch die Lichter angesteckt wur¬
den, verkündete ein ehrwürdiger Oheim die un¬
verhoffte Verlobung, und das glückliche Paar
nahm die überraschten Glückwünsche von allen
Seiten frohlauschend auf.

Alle, die in gewöhnlicher Kleidung anwesend
waren, führten unter sich alsbald eine gelinde
Kritik über die seltsame Verlobung und die künst¬
lerischen Neigungen der reichen Wittwe, die so
rasch nach einander zu Tage träten: doch wenn
sie, besonders die Schönen, auf Erikson blickten,
so blieben ihre Worte nur noch tönende, während
das Auge gestehen mußte, daß die feine Rosalie
wohl zu wählen gewußt habe.

Die Künstler aber freuten sich unbändig über
diese neue glückliche Wendung zu Ehren ihres
Standes und machten Erikson glückwünschend zu
ihrem Helden, nicht ahnend, welcher Abfall von
Pinsel und Palette mit dieser Verlobung sich
vollende. Denn Erikson hat in der That nie
wieder gemalt, obgleich er den Künstlern zuge¬

geholt wurden: und als alles dies zu Stande ge¬
kommen, indeſſen auch die Lichter angeſteckt wur¬
den, verkuͤndete ein ehrwuͤrdiger Oheim die un¬
verhoffte Verlobung, und das gluͤckliche Paar
nahm die uͤberraſchten Gluͤckwuͤnſche von allen
Seiten frohlauſchend auf.

Alle, die in gewoͤhnlicher Kleidung anweſend
waren, fuͤhrten unter ſich alsbald eine gelinde
Kritik uͤber die ſeltſame Verlobung und die kuͤnſt¬
leriſchen Neigungen der reichen Wittwe, die ſo
raſch nach einander zu Tage traͤten: doch wenn
ſie, beſonders die Schoͤnen, auf Erikſon blickten,
ſo blieben ihre Worte nur noch toͤnende, waͤhrend
das Auge geſtehen mußte, daß die feine Roſalie
wohl zu waͤhlen gewußt habe.

Die Kuͤnſtler aber freuten ſich unbaͤndig uͤber
dieſe neue gluͤckliche Wendung zu Ehren ihres
Standes und machten Erikſon gluͤckwuͤnſchend zu
ihrem Helden, nicht ahnend, welcher Abfall von
Pinſel und Palette mit dieſer Verlobung ſich
vollende. Denn Erikſon hat in der That nie
wieder gemalt, obgleich er den Kuͤnſtlern zuge¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0346" n="336"/>
geholt wurden: und als alles dies zu Stande ge¬<lb/>
kommen, inde&#x017F;&#x017F;en auch die Lichter ange&#x017F;teckt wur¬<lb/>
den, verku&#x0364;ndete ein ehrwu&#x0364;rdiger Oheim die un¬<lb/>
verhoffte Verlobung, und das glu&#x0364;ckliche Paar<lb/>
nahm die u&#x0364;berra&#x017F;chten Glu&#x0364;ckwu&#x0364;n&#x017F;che von allen<lb/>
Seiten frohlau&#x017F;chend auf.</p><lb/>
        <p>Alle, die in gewo&#x0364;hnlicher Kleidung anwe&#x017F;end<lb/>
waren, fu&#x0364;hrten unter &#x017F;ich alsbald eine gelinde<lb/>
Kritik u&#x0364;ber die &#x017F;elt&#x017F;ame Verlobung und die ku&#x0364;n&#x017F;t¬<lb/>
leri&#x017F;chen Neigungen der reichen Wittwe, die &#x017F;o<lb/>
ra&#x017F;ch nach einander zu Tage tra&#x0364;ten: doch wenn<lb/>
&#x017F;ie, be&#x017F;onders die Scho&#x0364;nen, auf Erik&#x017F;on blickten,<lb/>
&#x017F;o blieben ihre Worte nur noch to&#x0364;nende, wa&#x0364;hrend<lb/>
das Auge ge&#x017F;tehen mußte, daß die feine Ro&#x017F;alie<lb/>
wohl zu wa&#x0364;hlen gewußt habe.</p><lb/>
        <p>Die Ku&#x0364;n&#x017F;tler aber freuten &#x017F;ich unba&#x0364;ndig u&#x0364;ber<lb/>
die&#x017F;e neue glu&#x0364;ckliche Wendung zu Ehren ihres<lb/>
Standes und machten Erik&#x017F;on glu&#x0364;ckwu&#x0364;n&#x017F;chend zu<lb/>
ihrem Helden, nicht ahnend, welcher Abfall von<lb/>
Pin&#x017F;el und Palette mit die&#x017F;er Verlobung &#x017F;ich<lb/>
vollende. Denn Erik&#x017F;on hat in der That nie<lb/>
wieder gemalt, obgleich er den Ku&#x0364;n&#x017F;tlern zuge¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[336/0346] geholt wurden: und als alles dies zu Stande ge¬ kommen, indeſſen auch die Lichter angeſteckt wur¬ den, verkuͤndete ein ehrwuͤrdiger Oheim die un¬ verhoffte Verlobung, und das gluͤckliche Paar nahm die uͤberraſchten Gluͤckwuͤnſche von allen Seiten frohlauſchend auf. Alle, die in gewoͤhnlicher Kleidung anweſend waren, fuͤhrten unter ſich alsbald eine gelinde Kritik uͤber die ſeltſame Verlobung und die kuͤnſt¬ leriſchen Neigungen der reichen Wittwe, die ſo raſch nach einander zu Tage traͤten: doch wenn ſie, beſonders die Schoͤnen, auf Erikſon blickten, ſo blieben ihre Worte nur noch toͤnende, waͤhrend das Auge geſtehen mußte, daß die feine Roſalie wohl zu waͤhlen gewußt habe. Die Kuͤnſtler aber freuten ſich unbaͤndig uͤber dieſe neue gluͤckliche Wendung zu Ehren ihres Standes und machten Erikſon gluͤckwuͤnſchend zu ihrem Helden, nicht ahnend, welcher Abfall von Pinſel und Palette mit dieſer Verlobung ſich vollende. Denn Erikſon hat in der That nie wieder gemalt, obgleich er den Kuͤnſtlern zuge¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/346
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/346>, abgerufen am 25.11.2024.