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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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verlegen unter die offene Thür. Das Innere
der Kapelle zeigte nichts, als einen wurmstichigen
Altar, bedeckt mit einer verblichenen veilchen¬
blauen Decke. Das Altarbild enthielt einen eng¬
lischen Gruß, und vor demselben stand noch ein
kleines Marienbildchen in einem starren Reif¬
röckchen von Seide und Metallflittern in allen
Farben. Rings um den Altar hingen geopferte
Herzen von Wachs, in allen Größen und auf
die mannigfaltigste Weise verziert; im einen stak
ein Papierblümchen, im anderen eine Flamme von
Rauschgold, das dritte durchbohrte ein Pfeil, wie¬
der ein anderes war ganz in rothe Seidenläpp¬
chen gewickelt und mit Goldfaden umwunden,
eines war gar mit großen Stecknadeln besteckt,
wie ein Nadelkissen, wohl zum Zeichen der schmerz¬
vollen Pein seiner Spenderin.

Auf den Bänken aber lagen zahlreiche Ab¬
drücke eines Gebetes, das auf Pappe gezogen
auch an der Thür hing und folgende Ueberschrift
trug: Gebet zur allerlieblichsten, allerseligsten und
allerhoffnungsreichsten heiligen Jungfrau Maria,
der gnadenreichen und hülfespendenden Fürbitterin

verlegen unter die offene Thuͤr. Das Innere
der Kapelle zeigte nichts, als einen wurmſtichigen
Altar, bedeckt mit einer verblichenen veilchen¬
blauen Decke. Das Altarbild enthielt einen eng¬
liſchen Gruß, und vor demſelben ſtand noch ein
kleines Marienbildchen in einem ſtarren Reif¬
roͤckchen von Seide und Metallflittern in allen
Farben. Rings um den Altar hingen geopferte
Herzen von Wachs, in allen Groͤßen und auf
die mannigfaltigſte Weiſe verziert; im einen ſtak
ein Papierbluͤmchen, im anderen eine Flamme von
Rauſchgold, das dritte durchbohrte ein Pfeil, wie¬
der ein anderes war ganz in rothe Seidenlaͤpp¬
chen gewickelt und mit Goldfaden umwunden,
eines war gar mit großen Stecknadeln beſteckt,
wie ein Nadelkiſſen, wohl zum Zeichen der ſchmerz¬
vollen Pein ſeiner Spenderin.

Auf den Baͤnken aber lagen zahlreiche Ab¬
druͤcke eines Gebetes, das auf Pappe gezogen
auch an der Thuͤr hing und folgende Ueberſchrift
trug: Gebet zur allerlieblichſten, allerſeligſten und
allerhoffnungsreichſten heiligen Jungfrau Maria,
der gnadenreichen und huͤlfeſpendenden Fuͤrbitterin

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[314/0324] verlegen unter die offene Thuͤr. Das Innere der Kapelle zeigte nichts, als einen wurmſtichigen Altar, bedeckt mit einer verblichenen veilchen¬ blauen Decke. Das Altarbild enthielt einen eng¬ liſchen Gruß, und vor demſelben ſtand noch ein kleines Marienbildchen in einem ſtarren Reif¬ roͤckchen von Seide und Metallflittern in allen Farben. Rings um den Altar hingen geopferte Herzen von Wachs, in allen Groͤßen und auf die mannigfaltigſte Weiſe verziert; im einen ſtak ein Papierbluͤmchen, im anderen eine Flamme von Rauſchgold, das dritte durchbohrte ein Pfeil, wie¬ der ein anderes war ganz in rothe Seidenlaͤpp¬ chen gewickelt und mit Goldfaden umwunden, eines war gar mit großen Stecknadeln beſteckt, wie ein Nadelkiſſen, wohl zum Zeichen der ſchmerz¬ vollen Pein ſeiner Spenderin. Auf den Baͤnken aber lagen zahlreiche Ab¬ druͤcke eines Gebetes, das auf Pappe gezogen auch an der Thuͤr hing und folgende Ueberſchrift trug: Gebet zur allerlieblichſten, allerſeligſten und allerhoffnungsreichſten heiligen Jungfrau Maria, der gnadenreichen und huͤlfeſpendenden Fuͤrbitterin

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/324>, abgerufen am 22.11.2024.