Schalen, Becken und Stäbe zusammenschlagend, waren halb modern, halb mythologisch gekleidet Selbst der junge, epheubekränzte Bacchus, sonst ganz nackt, trug mittelalterlich gedacht ein zier¬ liches Küferschürzchen um die runden Hüften. Eine Rebenlaube wölbte sich und die dichten Trau¬ ben bildeten einen dunkelblauen Himmel über ihm, in den er sehnsüchtig hineinlächelte. Es war ein schöner rosiger Jüngling mit schwarzgelocktem Haar.
Könige mit Krone und Scepter, zerlumpte Bettler mit dem Schnappsack, Pfaffen und Juden, Türken und Mohren, Knaben und weiße Greise zogen nun den Triumphwagen der Venus herbei. Diese war Niemand anders als die schöne Rosalie in aller Anmuth ihres rosig lachenden Wesens. Sie ruhete auf einem Rosenlager unter durchsich¬ tiger Blumenlaube, in ein seidenes antikes Pur¬ purkleid gehüllt, mit bloßen Armen und Füßen. Ueber der Stirn strahlte ein goldener Stern aus den dunklen Locken, in der Hand hielt sie eine goldene Weltkugel, auf welcher zwei silberne Täubchen saßen, die mit den Flügeln schlagend sich schnäbelten. Zwei Kreuzfahrer gingen unter
Schalen, Becken und Staͤbe zuſammenſchlagend, waren halb modern, halb mythologiſch gekleidet Selbſt der junge, epheubekraͤnzte Bacchus, ſonſt ganz nackt, trug mittelalterlich gedacht ein zier¬ liches Kuͤferſchuͤrzchen um die runden Huͤften. Eine Rebenlaube woͤlbte ſich und die dichten Trau¬ ben bildeten einen dunkelblauen Himmel uͤber ihm, in den er ſehnſuͤchtig hineinlaͤchelte. Es war ein ſchoͤner roſiger Juͤngling mit ſchwarzgelocktem Haar.
Koͤnige mit Krone und Scepter, zerlumpte Bettler mit dem Schnappſack, Pfaffen und Juden, Tuͤrken und Mohren, Knaben und weiße Greiſe zogen nun den Triumphwagen der Venus herbei. Dieſe war Niemand anders als die ſchoͤne Roſalie in aller Anmuth ihres roſig lachenden Weſens. Sie ruhete auf einem Roſenlager unter durchſich¬ tiger Blumenlaube, in ein ſeidenes antikes Pur¬ purkleid gehuͤllt, mit bloßen Armen und Fuͤßen. Ueber der Stirn ſtrahlte ein goldener Stern aus den dunklen Locken, in der Hand hielt ſie eine goldene Weltkugel, auf welcher zwei ſilberne Taͤubchen ſaßen, die mit den Fluͤgeln ſchlagend ſich ſchnaͤbelten. Zwei Kreuzfahrer gingen unter
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Schalen, Becken und Staͤbe zuſammenſchlagend,
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Selbſt der junge, epheubekraͤnzte Bacchus, ſonſt
ganz nackt, trug mittelalterlich gedacht ein zier¬
liches Kuͤferſchuͤrzchen um die runden Huͤften.
Eine Rebenlaube woͤlbte ſich und die dichten Trau¬
ben bildeten einen dunkelblauen Himmel uͤber ihm,
in den er ſehnſuͤchtig hineinlaͤchelte. Es war ein
ſchoͤner roſiger Juͤngling mit ſchwarzgelocktem Haar.
Koͤnige mit Krone und Scepter, zerlumpte
Bettler mit dem Schnappſack, Pfaffen und Juden,
Tuͤrken und Mohren, Knaben und weiße Greiſe
zogen nun den Triumphwagen der Venus herbei.
Dieſe war Niemand anders als die ſchoͤne Roſalie
in aller Anmuth ihres roſig lachenden Weſens.
Sie ruhete auf einem Roſenlager unter durchſich¬
tiger Blumenlaube, in ein ſeidenes antikes Pur¬
purkleid gehuͤllt, mit bloßen Armen und Fuͤßen.
Ueber der Stirn ſtrahlte ein goldener Stern aus
den dunklen Locken, in der Hand hielt ſie eine
goldene Weltkugel, auf welcher zwei ſilberne
Taͤubchen ſaßen, die mit den Fluͤgeln ſchlagend
ſich ſchnaͤbelten. Zwei Kreuzfahrer gingen unter
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/284>, abgerufen am 22.11.2024.
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