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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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Ritterhafte, Gemüth- und Sinnreiche gerichtet.
So konnte man sagen selbst bei diesem lebenden
Konterfei. Denn es hatte sich für das Bild des
Kaisers ein junger Mann aus den fernsten Gauen
des ehemaligen Reiches eingefunden, der, ein merk¬
würdiges Naturspiel, von edler Haltung und edlem
Angesicht, wie dazu geschaffen war, ganz dasselbe
offene, mannhafte und angenehme Gesicht, die
starke gebogene Nase, die bei den besseren Habs¬
burgern immer angenehm hervortretende Unter¬
lippe und das kräftige schlichte, rund um den
Kopf gleichgeschnittene Haar.

Unmittelbar hinter dem Kaiser ging sein lusti¬
ger Rath Kunz von der Rosen, aber nicht gleich
einem Narren, sondern wie ein kluger und wehr¬
barer Held launiger Weisheit. Er war ganz in
rosenrothen Sammet gekleidet, knapp am Leibe,
aber mit weiten ausgezackten hängenden Ober¬
ärmeln. Auf dem Kopfe trug er ein azurblaues
Barett mit einem Kranze von je einer Rose und
einer goldenen Schelle; an der Hüfte aber hing
an rosenfarbenem Gehänge ein breites langes
Schlachtschwert von gutem Stahl. Wie sein Held

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Ritterhafte, Gemuͤth- und Sinnreiche gerichtet.
So konnte man ſagen ſelbſt bei dieſem lebenden
Konterfei. Denn es hatte ſich fuͤr das Bild des
Kaiſers ein junger Mann aus den fernſten Gauen
des ehemaligen Reiches eingefunden, der, ein merk¬
wuͤrdiges Naturſpiel, von edler Haltung und edlem
Angeſicht, wie dazu geſchaffen war, ganz daſſelbe
offene, mannhafte und angenehme Geſicht, die
ſtarke gebogene Naſe, die bei den beſſeren Habs¬
burgern immer angenehm hervortretende Unter¬
lippe und das kraͤftige ſchlichte, rund um den
Kopf gleichgeſchnittene Haar.

Unmittelbar hinter dem Kaiſer ging ſein luſti¬
ger Rath Kunz von der Roſen, aber nicht gleich
einem Narren, ſondern wie ein kluger und wehr¬
barer Held launiger Weisheit. Er war ganz in
roſenrothen Sammet gekleidet, knapp am Leibe,
aber mit weiten ausgezackten haͤngenden Ober¬
aͤrmeln. Auf dem Kopfe trug er ein azurblaues
Barett mit einem Kranze von je einer Roſe und
einer goldenen Schelle; an der Huͤfte aber hing
an roſenfarbenem Gehaͤnge ein breites langes
Schlachtſchwert von gutem Stahl. Wie ſein Held

17 *
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[265/0275] Ritterhafte, Gemuͤth- und Sinnreiche gerichtet. So konnte man ſagen ſelbſt bei dieſem lebenden Konterfei. Denn es hatte ſich fuͤr das Bild des Kaiſers ein junger Mann aus den fernſten Gauen des ehemaligen Reiches eingefunden, der, ein merk¬ wuͤrdiges Naturſpiel, von edler Haltung und edlem Angeſicht, wie dazu geſchaffen war, ganz daſſelbe offene, mannhafte und angenehme Geſicht, die ſtarke gebogene Naſe, die bei den beſſeren Habs¬ burgern immer angenehm hervortretende Unter¬ lippe und das kraͤftige ſchlichte, rund um den Kopf gleichgeſchnittene Haar. Unmittelbar hinter dem Kaiſer ging ſein luſti¬ ger Rath Kunz von der Roſen, aber nicht gleich einem Narren, ſondern wie ein kluger und wehr¬ barer Held launiger Weisheit. Er war ganz in roſenrothen Sammet gekleidet, knapp am Leibe, aber mit weiten ausgezackten haͤngenden Ober¬ aͤrmeln. Auf dem Kopfe trug er ein azurblaues Barett mit einem Kranze von je einer Roſe und einer goldenen Schelle; an der Huͤfte aber hing an roſenfarbenem Gehaͤnge ein breites langes Schlachtſchwert von gutem Stahl. Wie ſein Held 17 *

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/275>, abgerufen am 22.11.2024.