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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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gekleidete, mit der schön geschnitzten Elfenbein¬
brille auf der Nase, in Wirklichkeit der Literator
der Künstlerschaft und der gelehrte Beschreiber
des Festes. Sein rühmliches Gedenkbuch ist un¬
serem Gedächtniß dankbar zur Hülfe genommen.

Den Schluß bildeten nun die festlichen Reihen
der ehrbaren Geschlechter. Seide, Gold und Ju¬
welen glänzten hier in schwerem Ueberfluß. Diese
kaufmännischen Patricier, deren Güter auf allen
Meeren schwammen, die zugleich in kriegerischer
Haltung mit dem selbst gegossenen trefflichen Ge¬
schütze ihre Stadt vertheidigten und an Reichs¬
kriegen Theil nahmen, übertrafen den Adel an
Pracht und Reichthum und unterschieden sich von
ihm durch Gemeinsinn und sittliche Würde, vom
gemeinen Bürger aber durch weitsehenden Blick
und umfassenden erhaltenden Sinn. Ihre Frauen
und Töchter rauschten wie große lebende Blumen
einher, und die Damen mußten sich selbst gestehen,
daß man vor vierhundert Jahren sich auch zu
putzen wußte. Einige gingen mit goldenen Netzen
und Häubchen um die schön gezöpften Haare,
andere mit federwallenden Baretten und Hüten;

gekleidete, mit der ſchoͤn geſchnitzten Elfenbein¬
brille auf der Naſe, in Wirklichkeit der Literator
der Kuͤnſtlerſchaft und der gelehrte Beſchreiber
des Feſtes. Sein ruͤhmliches Gedenkbuch iſt un¬
ſerem Gedaͤchtniß dankbar zur Huͤlfe genommen.

Den Schluß bildeten nun die feſtlichen Reihen
der ehrbaren Geſchlechter. Seide, Gold und Ju¬
welen glaͤnzten hier in ſchwerem Ueberfluß. Dieſe
kaufmaͤnniſchen Patricier, deren Guͤter auf allen
Meeren ſchwammen, die zugleich in kriegeriſcher
Haltung mit dem ſelbſt gegoſſenen trefflichen Ge¬
ſchuͤtze ihre Stadt vertheidigten und an Reichs¬
kriegen Theil nahmen, uͤbertrafen den Adel an
Pracht und Reichthum und unterſchieden ſich von
ihm durch Gemeinſinn und ſittliche Wuͤrde, vom
gemeinen Buͤrger aber durch weitſehenden Blick
und umfaſſenden erhaltenden Sinn. Ihre Frauen
und Toͤchter rauſchten wie große lebende Blumen
einher, und die Damen mußten ſich ſelbſt geſtehen,
daß man vor vierhundert Jahren ſich auch zu
putzen wußte. Einige gingen mit goldenen Netzen
und Haͤubchen um die ſchoͤn gezoͤpften Haare,
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[260/0270] gekleidete, mit der ſchoͤn geſchnitzten Elfenbein¬ brille auf der Naſe, in Wirklichkeit der Literator der Kuͤnſtlerſchaft und der gelehrte Beſchreiber des Feſtes. Sein ruͤhmliches Gedenkbuch iſt un¬ ſerem Gedaͤchtniß dankbar zur Huͤlfe genommen. Den Schluß bildeten nun die feſtlichen Reihen der ehrbaren Geſchlechter. Seide, Gold und Ju¬ welen glaͤnzten hier in ſchwerem Ueberfluß. Dieſe kaufmaͤnniſchen Patricier, deren Guͤter auf allen Meeren ſchwammen, die zugleich in kriegeriſcher Haltung mit dem ſelbſt gegoſſenen trefflichen Ge¬ ſchuͤtze ihre Stadt vertheidigten und an Reichs¬ kriegen Theil nahmen, uͤbertrafen den Adel an Pracht und Reichthum und unterſchieden ſich von ihm durch Gemeinſinn und ſittliche Wuͤrde, vom gemeinen Buͤrger aber durch weitſehenden Blick und umfaſſenden erhaltenden Sinn. Ihre Frauen und Toͤchter rauſchten wie große lebende Blumen einher, und die Damen mußten ſich ſelbſt geſtehen, daß man vor vierhundert Jahren ſich auch zu putzen wußte. Einige gingen mit goldenen Netzen und Haͤubchen um die ſchoͤn gezoͤpften Haare, andere mit federwallenden Baretten und Huͤten;

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/270>, abgerufen am 25.11.2024.