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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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geräthschaften gewählt haben; der wappenkundige
und poetische Kaiser aber wußte das einfache Be¬
sondere in die einfachste allgemeine sinnige Form
zu kleiden.

Hinter diesem anmuthigen Wappen schritt
nun Albrecht Dürer, zwischen seinem Lehrer Wohl¬
gemuth und Adam Kraft, wie zwischen den guten
Genien seines eigenen Namens. Für seine Per¬
son hatte sich ein Maler gefunden, der sein Aeu¬
ßeres, mit Ausnahme der Kleidung, nicht zu
ändern brauchte, um dem Bildnisse des deutschen
Meisters, das dieser selbst von sich gefertigt, bei¬
nahe ganz zu gleichen. Die hellen Ringellocken
fielen zu beiden Seiten gleich gescheitelt ganz so
auf die breiten Pelz geschmückten Schultern nie¬
der, das gedankentiefe, fromme heitere Antlitz
schien aus jenem Bilde herausgeschnitten, und ein
schlank geformter geschmeidiger Leib bewegte sich
in dem schwarzen Untergewande. Diese Erschei¬
nung war ganz germanisch und ganz christlich,
und wenn sich auch in den geringelten Haaren
ein anmuthiger Schalk ahnen ließ, so war auch
dieser christlich und ließ sich von der kirchlich an¬

geraͤthſchaften gewaͤhlt haben; der wappenkundige
und poetiſche Kaiſer aber wußte das einfache Be¬
ſondere in die einfachſte allgemeine ſinnige Form
zu kleiden.

Hinter dieſem anmuthigen Wappen ſchritt
nun Albrecht Duͤrer, zwiſchen ſeinem Lehrer Wohl¬
gemuth und Adam Kraft, wie zwiſchen den guten
Genien ſeines eigenen Namens. Fuͤr ſeine Per¬
ſon hatte ſich ein Maler gefunden, der ſein Aeu¬
ßeres, mit Ausnahme der Kleidung, nicht zu
aͤndern brauchte, um dem Bildniſſe des deutſchen
Meiſters, das dieſer ſelbſt von ſich gefertigt, bei¬
nahe ganz zu gleichen. Die hellen Ringellocken
fielen zu beiden Seiten gleich geſcheitelt ganz ſo
auf die breiten Pelz geſchmuͤckten Schultern nie¬
der, das gedankentiefe, fromme heitere Antlitz
ſchien aus jenem Bilde herausgeſchnitten, und ein
ſchlank geformter geſchmeidiger Leib bewegte ſich
in dem ſchwarzen Untergewande. Dieſe Erſchei¬
nung war ganz germaniſch und ganz chriſtlich,
und wenn ſich auch in den geringelten Haaren
ein anmuthiger Schalk ahnen ließ, ſo war auch
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[255/0265] geraͤthſchaften gewaͤhlt haben; der wappenkundige und poetiſche Kaiſer aber wußte das einfache Be¬ ſondere in die einfachſte allgemeine ſinnige Form zu kleiden. Hinter dieſem anmuthigen Wappen ſchritt nun Albrecht Duͤrer, zwiſchen ſeinem Lehrer Wohl¬ gemuth und Adam Kraft, wie zwiſchen den guten Genien ſeines eigenen Namens. Fuͤr ſeine Per¬ ſon hatte ſich ein Maler gefunden, der ſein Aeu¬ ßeres, mit Ausnahme der Kleidung, nicht zu aͤndern brauchte, um dem Bildniſſe des deutſchen Meiſters, das dieſer ſelbſt von ſich gefertigt, bei¬ nahe ganz zu gleichen. Die hellen Ringellocken fielen zu beiden Seiten gleich geſcheitelt ganz ſo auf die breiten Pelz geſchmuͤckten Schultern nie¬ der, das gedankentiefe, fromme heitere Antlitz ſchien aus jenem Bilde herausgeſchnitten, und ein ſchlank geformter geſchmeidiger Leib bewegte ſich in dem ſchwarzen Untergewande. Dieſe Erſchei¬ nung war ganz germaniſch und ganz chriſtlich, und wenn ſich auch in den geringelten Haaren ein anmuthiger Schalk ahnen ließ, ſo war auch dieſer chriſtlich und ließ ſich von der kirchlich an¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/265>, abgerufen am 22.11.2024.