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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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Aber er hatte wohlweislich vergessen, das
Maß des Bildchens gleich zu nehmen, und sah
sich daher gezwungen, am zweiten Tage sich wie¬
der hinzubegeben, um Vieles sorgfältiger gekleidet.
Sie erschien sogleich selbst und führte ihn zu dem
Bildchen, hielt ihn aber nach gethaner Verrich¬
tung durchaus nicht weiter auf. Und doch schien
sie dem Weggehenden so froh und munter wäh¬
rend des kurzen Besuches, daß er höchst zufrieden
nach Hause ging und die neue Arbeit begann.
Auch vergingen kaum einige Tage, als ihn Ro¬
salie höchst dringend rufen ließ, um sich wegen
des Rahmens mit ihm zu besprechen; derjenige
des ersten Bildes gefiele ihr ausnehmend wohl
und sie wünsche einen ganz gleichen zum zweiten
zu bekommen.

Als er sie über diesen Punkt einigermaßen
beruhigt, entließ ihn die ihn stets schöner dün¬
kende Rosalie auf das Freundlichste, doch nicht
ohne ihn auf den kommenden Sonntag zu Tische
gebeten zu haben, indem sie, wie sie anmuthig
sich ausdrückte, diese Gelegenheit nun zu benutzen
wünsche, ihr Haus mit einiger Künstlerschaft zu

Aber er hatte wohlweislich vergeſſen, das
Maß des Bildchens gleich zu nehmen, und ſah
ſich daher gezwungen, am zweiten Tage ſich wie¬
der hinzubegeben, um Vieles ſorgfaͤltiger gekleidet.
Sie erſchien ſogleich ſelbſt und fuͤhrte ihn zu dem
Bildchen, hielt ihn aber nach gethaner Verrich¬
tung durchaus nicht weiter auf. Und doch ſchien
ſie dem Weggehenden ſo froh und munter waͤh¬
rend des kurzen Beſuches, daß er hoͤchſt zufrieden
nach Hauſe ging und die neue Arbeit begann.
Auch vergingen kaum einige Tage, als ihn Ro¬
ſalie hoͤchſt dringend rufen ließ, um ſich wegen
des Rahmens mit ihm zu beſprechen; derjenige
des erſten Bildes gefiele ihr ausnehmend wohl
und ſie wuͤnſche einen ganz gleichen zum zweiten
zu bekommen.

Als er ſie uͤber dieſen Punkt einigermaßen
beruhigt, entließ ihn die ihn ſtets ſchoͤner duͤn¬
kende Roſalie auf das Freundlichſte, doch nicht
ohne ihn auf den kommenden Sonntag zu Tiſche
gebeten zu haben, indem ſie, wie ſie anmuthig
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[232/0242] Aber er hatte wohlweislich vergeſſen, das Maß des Bildchens gleich zu nehmen, und ſah ſich daher gezwungen, am zweiten Tage ſich wie¬ der hinzubegeben, um Vieles ſorgfaͤltiger gekleidet. Sie erſchien ſogleich ſelbſt und fuͤhrte ihn zu dem Bildchen, hielt ihn aber nach gethaner Verrich¬ tung durchaus nicht weiter auf. Und doch ſchien ſie dem Weggehenden ſo froh und munter waͤh¬ rend des kurzen Beſuches, daß er hoͤchſt zufrieden nach Hauſe ging und die neue Arbeit begann. Auch vergingen kaum einige Tage, als ihn Ro¬ ſalie hoͤchſt dringend rufen ließ, um ſich wegen des Rahmens mit ihm zu beſprechen; derjenige des erſten Bildes gefiele ihr ausnehmend wohl und ſie wuͤnſche einen ganz gleichen zum zweiten zu bekommen. Als er ſie uͤber dieſen Punkt einigermaßen beruhigt, entließ ihn die ihn ſtets ſchoͤner duͤn¬ kende Roſalie auf das Freundlichſte, doch nicht ohne ihn auf den kommenden Sonntag zu Tiſche gebeten zu haben, indem ſie, wie ſie anmuthig ſich ausdruͤckte, dieſe Gelegenheit nun zu benutzen wuͤnſche, ihr Haus mit einiger Kuͤnſtlerſchaft zu

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/242>, abgerufen am 26.11.2024.