pelter Lust, da sie wußte, daß diesen so heiteren und so tiefsinnigen Wechselgeschichten eine helle und tiefgefühlte Absicht zu Grunde lag, ein Wol¬ len, Schaffen und Gestalten, eine Einsicht und ein Wissen, das ihr in seiner Neuheit wie ein Stern aus dunkler Nacht erglänzte. Wenn die in Schönheit leuchtenden Geschöpfe rastlos an uns vorüberzogen, von Täuschung zu Täuschung und leidenschaftlich sich jagend und haschend, immer Eins dem Anderen entschwand und ein Drittes hervortrat, oder wenn sie in kurzen Augenblicken bestraft und trauernd ruheten von ihrer Leiden¬ schaft, oder vielmehr sich tiefer in dieselbe hinein zu ruhen schienen an klaren Gewässern, unter wundervollen Bäumen, so rief Judith: "O klu¬ ger Mann! Ja, so geht es zu, so sind die Men¬ schen und ihr Leben, so sind wir selbst, wir Narren!"
Noch mehr glaubte ich selbst der Gegenstand eines poetischen Scherzes zu sein, wenn ich mich neben einem Weibe sah, welches ganz wie jene Fabelwesen auf der Stufe der voll entfalteten Kraft und Schönheit still zu stehen und dazu an¬
pelter Luſt, da ſie wußte, daß dieſen ſo heiteren und ſo tiefſinnigen Wechſelgeſchichten eine helle und tiefgefuͤhlte Abſicht zu Grunde lag, ein Wol¬ len, Schaffen und Geſtalten, eine Einſicht und ein Wiſſen, das ihr in ſeiner Neuheit wie ein Stern aus dunkler Nacht erglaͤnzte. Wenn die in Schoͤnheit leuchtenden Geſchoͤpfe raſtlos an uns voruͤberzogen, von Taͤuſchung zu Taͤuſchung und leidenſchaftlich ſich jagend und haſchend, immer Eins dem Anderen entſchwand und ein Drittes hervortrat, oder wenn ſie in kurzen Augenblicken beſtraft und trauernd ruheten von ihrer Leiden¬ ſchaft, oder vielmehr ſich tiefer in dieſelbe hinein zu ruhen ſchienen an klaren Gewaͤſſern, unter wundervollen Baͤumen, ſo rief Judith: »O klu¬ ger Mann! Ja, ſo geht es zu, ſo ſind die Men¬ ſchen und ihr Leben, ſo ſind wir ſelbſt, wir Narren!«
Noch mehr glaubte ich ſelbſt der Gegenſtand eines poetiſchen Scherzes zu ſein, wenn ich mich neben einem Weibe ſah, welches ganz wie jene Fabelweſen auf der Stufe der voll entfalteten Kraft und Schoͤnheit ſtill zu ſtehen und dazu an¬
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und ſo tiefſinnigen Wechſelgeſchichten eine helle
und tiefgefuͤhlte Abſicht zu Grunde lag, ein Wol¬
len, Schaffen und Geſtalten, eine Einſicht und
ein Wiſſen, das ihr in ſeiner Neuheit wie ein
Stern aus dunkler Nacht erglaͤnzte. Wenn die
in Schoͤnheit leuchtenden Geſchoͤpfe raſtlos an uns
voruͤberzogen, von Taͤuſchung zu Taͤuſchung und
leidenſchaftlich ſich jagend und haſchend, immer
Eins dem Anderen entſchwand und ein Drittes
hervortrat, oder wenn ſie in kurzen Augenblicken
beſtraft und trauernd ruheten von ihrer Leiden¬
ſchaft, oder vielmehr ſich tiefer in dieſelbe hinein
zu ruhen ſchienen an klaren Gewaͤſſern, unter
wundervollen Baͤumen, ſo rief Judith: »O klu¬
ger Mann! Ja, ſo geht es zu, ſo ſind die Men¬
ſchen und ihr Leben, ſo ſind wir ſelbſt, wir
Narren!«
Noch mehr glaubte ich ſelbſt der Gegenſtand
eines poetiſchen Scherzes zu ſein, wenn ich mich
neben einem Weibe ſah, welches ganz wie jene
Fabelweſen auf der Stufe der voll entfalteten
Kraft und Schoͤnheit ſtill zu ſtehen und dazu an¬
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/133>, abgerufen am 22.11.2024.
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