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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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geschehene Dinge sind einmal nicht zu ändern.
Die Geschichte soll mir zur Warnung dienen;
aber ich kann sie nicht ewig mit mir herum¬
schleppen, und da ich mein Unrecht einsehe und
bereue, so mußt Du es mir endlich verzeihen
und mir die Gewißheit geben, daß ich deswegen
nicht hassenswerth und garstig aussehe!"

Ich merkte nämlich erst jetzt, daß ich darum
hergekommen und allerdings bedürftig war,
durch Mittheilung und durch die Vermittlung
eines fremden Mundes die Vertilgung eines
drückenden Gefühles oder Verzeihung zu erlangen,
wenn ich mich auch gegen des Schulmeisters
christliche Vermittlung sträubte. Aber Judith
antwortete: "Daraus wird Nichts! Die Vor¬
würfe Deines Gewissens sind ein ganz gesundes
Brot für Dich, und daran sollst Du Dein Leben
lang kauen, ohne daß ich Dir die Butter der
Verzeihung darauf streiche! Dies könnte ich nicht
einmal; denn was nicht zu ändern ist, ist eben
deswegen auch nicht zu vergessen, dünkt mich,
ich habe dies genugsam erfahren! Uebrigens
fühle ich leider nicht, daß Du mir irgend wider¬

geſchehene Dinge ſind einmal nicht zu aͤndern.
Die Geſchichte ſoll mir zur Warnung dienen;
aber ich kann ſie nicht ewig mit mir herum¬
ſchleppen, und da ich mein Unrecht einſehe und
bereue, ſo mußt Du es mir endlich verzeihen
und mir die Gewißheit geben, daß ich deswegen
nicht haſſenswerth und garſtig ausſehe!«

Ich merkte naͤmlich erſt jetzt, daß ich darum
hergekommen und allerdings beduͤrftig war,
durch Mittheilung und durch die Vermittlung
eines fremden Mundes die Vertilgung eines
druͤckenden Gefuͤhles oder Verzeihung zu erlangen,
wenn ich mich auch gegen des Schulmeiſters
chriſtliche Vermittlung ſtraͤubte. Aber Judith
antwortete: »Daraus wird Nichts! Die Vor¬
wuͤrfe Deines Gewiſſens ſind ein ganz geſundes
Brot fuͤr Dich, und daran ſollſt Du Dein Leben
lang kauen, ohne daß ich Dir die Butter der
Verzeihung darauf ſtreiche! Dies koͤnnte ich nicht
einmal; denn was nicht zu aͤndern iſt, iſt eben
deswegen auch nicht zu vergeſſen, duͤnkt mich,
ich habe dies genugſam erfahren! Uebrigens
fuͤhle ich leider nicht, daß Du mir irgend wider¬

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[116/0126] geſchehene Dinge ſind einmal nicht zu aͤndern. Die Geſchichte ſoll mir zur Warnung dienen; aber ich kann ſie nicht ewig mit mir herum¬ ſchleppen, und da ich mein Unrecht einſehe und bereue, ſo mußt Du es mir endlich verzeihen und mir die Gewißheit geben, daß ich deswegen nicht haſſenswerth und garſtig ausſehe!« Ich merkte naͤmlich erſt jetzt, daß ich darum hergekommen und allerdings beduͤrftig war, durch Mittheilung und durch die Vermittlung eines fremden Mundes die Vertilgung eines druͤckenden Gefuͤhles oder Verzeihung zu erlangen, wenn ich mich auch gegen des Schulmeiſters chriſtliche Vermittlung ſtraͤubte. Aber Judith antwortete: »Daraus wird Nichts! Die Vor¬ wuͤrfe Deines Gewiſſens ſind ein ganz geſundes Brot fuͤr Dich, und daran ſollſt Du Dein Leben lang kauen, ohne daß ich Dir die Butter der Verzeihung darauf ſtreiche! Dies koͤnnte ich nicht einmal; denn was nicht zu aͤndern iſt, iſt eben deswegen auch nicht zu vergeſſen, duͤnkt mich, ich habe dies genugſam erfahren! Uebrigens fuͤhle ich leider nicht, daß Du mir irgend wider¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/126>, abgerufen am 22.11.2024.