schungen, mit denen ich mich bis auf Weiteres Ihnen treulichst empfehle!
Ihr wohlgewogener Freund.
Dies nur in Eile, ich bin zu sehr beschäftigt!"
Erst vor einem Jahre erfuhr ich, daß Römer in einem französischen Irrenhause verschollen sei. Wie es dazu kam, wird in obigem Briefe ziem¬ lich klar. Meine Mutter, welcher ich Alles ver¬ hehlte, konnte keine Schuld treffen, als diejenige aller Frauen, welche aus Sorge für ihre Ange¬ hörigen engherzig und rücksichtslos gegen alle Welt werden. Ich hingegen, der ich gerade zu dieser Zeit mich gut und strebsam glaubte, sah nun ein, welche Teufelei ich begangen hatte. Ich log, verläumdete, betrog oder stahl nicht, wie ich es als Kind gethan, aber ich war undankbar, ungerecht und hartherzig unter dem Scheine des äußeren Rechtes. Ich mochte mir lange sagen, daß jene Forderung ja nur eine einfache Bitte um das Geliehene gewesen sei, wie sie alle Welt versucht, und daß weder meine Mutter, noch ich je gewaltsam darauf bestanden hätten, ich mochte
ſchungen, mit denen ich mich bis auf Weiteres Ihnen treulichſt empfehle!
Ihr wohlgewogener Freund.
Dies nur in Eile, ich bin zu ſehr beſchaͤftigt!«
Erſt vor einem Jahre erfuhr ich, daß Roͤmer in einem franzoͤſiſchen Irrenhauſe verſchollen ſei. Wie es dazu kam, wird in obigem Briefe ziem¬ lich klar. Meine Mutter, welcher ich Alles ver¬ hehlte, konnte keine Schuld treffen, als diejenige aller Frauen, welche aus Sorge fuͤr ihre Ange¬ hoͤrigen engherzig und ruͤckſichtslos gegen alle Welt werden. Ich hingegen, der ich gerade zu dieſer Zeit mich gut und ſtrebſam glaubte, ſah nun ein, welche Teufelei ich begangen hatte. Ich log, verlaͤumdete, betrog oder ſtahl nicht, wie ich es als Kind gethan, aber ich war undankbar, ungerecht und hartherzig unter dem Scheine des aͤußeren Rechtes. Ich mochte mir lange ſagen, daß jene Forderung ja nur eine einfache Bitte um das Geliehene geweſen ſei, wie ſie alle Welt verſucht, und daß weder meine Mutter, noch ich je gewaltſam darauf beſtanden haͤtten, ich mochte
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ſchungen, mit denen ich mich bis auf Weiteres
Ihnen treulichſt empfehle!
Ihr wohlgewogener Freund.
Dies nur in Eile, ich bin zu ſehr beſchaͤftigt!«
Erſt vor einem Jahre erfuhr ich, daß Roͤmer
in einem franzoͤſiſchen Irrenhauſe verſchollen ſei.
Wie es dazu kam, wird in obigem Briefe ziem¬
lich klar. Meine Mutter, welcher ich Alles ver¬
hehlte, konnte keine Schuld treffen, als diejenige
aller Frauen, welche aus Sorge fuͤr ihre Ange¬
hoͤrigen engherzig und ruͤckſichtslos gegen alle
Welt werden. Ich hingegen, der ich gerade zu
dieſer Zeit mich gut und ſtrebſam glaubte, ſah
nun ein, welche Teufelei ich begangen hatte. Ich
log, verlaͤumdete, betrog oder ſtahl nicht, wie ich
es als Kind gethan, aber ich war undankbar,
ungerecht und hartherzig unter dem Scheine des
aͤußeren Rechtes. Ich mochte mir lange ſagen,
daß jene Forderung ja nur eine einfache Bitte
um das Geliehene geweſen ſei, wie ſie alle Welt
verſucht, und daß weder meine Mutter, noch ich
je gewaltſam darauf beſtanden haͤtten, ich mochte
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/114>, abgerufen am 25.11.2024.
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