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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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dadurch verletzt und waffnete sich mit den äußerli¬
chen scheinbaren Gründen.

Nach einem Monate erhielt ich von Römer
folgenden Brief aus Paris:

"Mein werther junger Freund!

Ich bin Ihnen eine Nachricht über mein
Befinden schuldig, da ich gern annehme, mich
Ihrer ferneren Theilnahme und Freundschaft er¬
freuen zu dürfen. Bin ich Ihnen doch meine
endliche Befreiung und Herrschaft schuldig.
Durch Ihre Vermittlung, indem Sie das Geld
von mir zurückverlangten (welches ich nicht ver¬
gessen hatte, aber Ihnen in einem freieren Au¬
genblicke zurückgeben wollte), bin ich endlich
in den Palast meiner Väter eingezogen und
meiner wahren Bestimmung anheimgegeben!
Aber es kostete Mühseligkeit. Ich gedachte jene
Summe zu meinem ersten Aufenthalte hier zu
verwenden; da Sie aber selbige zurückverlang¬
ten, so blieb mir nach Abzug der Reisekosten
noch 1 Franc übrig, mit welchem ich von der
Post ging. Es regnete sehr stark und ver¬

dadurch verletzt und waffnete ſich mit den aͤußerli¬
chen ſcheinbaren Gruͤnden.

Nach einem Monate erhielt ich von Roͤmer
folgenden Brief aus Paris:

»Mein werther junger Freund!

Ich bin Ihnen eine Nachricht uͤber mein
Befinden ſchuldig, da ich gern annehme, mich
Ihrer ferneren Theilnahme und Freundſchaft er¬
freuen zu duͤrfen. Bin ich Ihnen doch meine
endliche Befreiung und Herrſchaft ſchuldig.
Durch Ihre Vermittlung, indem Sie das Geld
von mir zuruͤckverlangten (welches ich nicht ver¬
geſſen hatte, aber Ihnen in einem freieren Au¬
genblicke zuruͤckgeben wollte), bin ich endlich
in den Palaſt meiner Vaͤter eingezogen und
meiner wahren Beſtimmung anheimgegeben!
Aber es koſtete Muͤhſeligkeit. Ich gedachte jene
Summe zu meinem erſten Aufenthalte hier zu
verwenden; da Sie aber ſelbige zuruͤckverlang¬
ten, ſo blieb mir nach Abzug der Reiſekoſten
noch 1 Franc uͤbrig, mit welchem ich von der
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[102/0112] dadurch verletzt und waffnete ſich mit den aͤußerli¬ chen ſcheinbaren Gruͤnden. Nach einem Monate erhielt ich von Roͤmer folgenden Brief aus Paris: »Mein werther junger Freund! Ich bin Ihnen eine Nachricht uͤber mein Befinden ſchuldig, da ich gern annehme, mich Ihrer ferneren Theilnahme und Freundſchaft er¬ freuen zu duͤrfen. Bin ich Ihnen doch meine endliche Befreiung und Herrſchaft ſchuldig. Durch Ihre Vermittlung, indem Sie das Geld von mir zuruͤckverlangten (welches ich nicht ver¬ geſſen hatte, aber Ihnen in einem freieren Au¬ genblicke zuruͤckgeben wollte), bin ich endlich in den Palaſt meiner Vaͤter eingezogen und meiner wahren Beſtimmung anheimgegeben! Aber es koſtete Muͤhſeligkeit. Ich gedachte jene Summe zu meinem erſten Aufenthalte hier zu verwenden; da Sie aber ſelbige zuruͤckverlang¬ ten, ſo blieb mir nach Abzug der Reiſekoſten noch 1 Franc uͤbrig, mit welchem ich von der Poſt ging. Es regnete ſehr ſtark und ver¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/112>, abgerufen am 23.11.2024.