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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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fremdartigen Mann zu schreiben, und entwarf ein
anderes, welches, ich muß es zu meiner Schande
gestehen, höchst zweckmäßig eingerichtet war. In
höflicher und geistreicher Sprache berechnete ich
halb seine fixen Ideen, halb seinen Stolz und
sein Ehrgefühl (dieses dachte ich durch jene zu
zwingen) und indem das bescheidene Billet erst
zu einer Bitterkeit wurde, wenn es unberücksich¬
tigt blieb, war es, wenn Römer alles das ver¬
lachen sollte, schließlich so beschaffen, daß er doch
nicht lachen, sondern sich durchschaut sehen konnte.
So viel brauchte es indessen gar nicht; denn als
wir das Machwerk hinschickten, kehrte der Bote
augenblicklich mit dem Gelde zurück. Ich war
etwas beschämt; doch sprachen wir jetzt alles Gute
von ihm, er sei doch nicht so übel u. s. f., nur
weil er uns das elende Häufchen Silber heraus¬
gegeben.

Ich glaube, wenn Römer sich eingebildet hätte,
ein Nilpferd oder ein Speiseschrank zu sein, so
wäre ich nicht so unbarmherzig und undankbar
gegen ihn gewesen; da er aber ein großer Prophet
sein wollte, so fühlte sich meine eigene Eitelkeit

fremdartigen Mann zu ſchreiben, und entwarf ein
anderes, welches, ich muß es zu meiner Schande
geſtehen, hoͤchſt zweckmaͤßig eingerichtet war. In
hoͤflicher und geiſtreicher Sprache berechnete ich
halb ſeine fixen Ideen, halb ſeinen Stolz und
ſein Ehrgefuͤhl (dieſes dachte ich durch jene zu
zwingen) und indem das beſcheidene Billet erſt
zu einer Bitterkeit wurde, wenn es unberuͤckſich¬
tigt blieb, war es, wenn Roͤmer alles das ver¬
lachen ſollte, ſchließlich ſo beſchaffen, daß er doch
nicht lachen, ſondern ſich durchſchaut ſehen konnte.
So viel brauchte es indeſſen gar nicht; denn als
wir das Machwerk hinſchickten, kehrte der Bote
augenblicklich mit dem Gelde zuruͤck. Ich war
etwas beſchaͤmt; doch ſprachen wir jetzt alles Gute
von ihm, er ſei doch nicht ſo uͤbel u. ſ. f., nur
weil er uns das elende Haͤufchen Silber heraus¬
gegeben.

Ich glaube, wenn Roͤmer ſich eingebildet haͤtte,
ein Nilpferd oder ein Speiſeſchrank zu ſein, ſo
waͤre ich nicht ſo unbarmherzig und undankbar
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[101/0111] fremdartigen Mann zu ſchreiben, und entwarf ein anderes, welches, ich muß es zu meiner Schande geſtehen, hoͤchſt zweckmaͤßig eingerichtet war. In hoͤflicher und geiſtreicher Sprache berechnete ich halb ſeine fixen Ideen, halb ſeinen Stolz und ſein Ehrgefuͤhl (dieſes dachte ich durch jene zu zwingen) und indem das beſcheidene Billet erſt zu einer Bitterkeit wurde, wenn es unberuͤckſich¬ tigt blieb, war es, wenn Roͤmer alles das ver¬ lachen ſollte, ſchließlich ſo beſchaffen, daß er doch nicht lachen, ſondern ſich durchſchaut ſehen konnte. So viel brauchte es indeſſen gar nicht; denn als wir das Machwerk hinſchickten, kehrte der Bote augenblicklich mit dem Gelde zuruͤck. Ich war etwas beſchaͤmt; doch ſprachen wir jetzt alles Gute von ihm, er ſei doch nicht ſo uͤbel u. ſ. f., nur weil er uns das elende Haͤufchen Silber heraus¬ gegeben. Ich glaube, wenn Roͤmer ſich eingebildet haͤtte, ein Nilpferd oder ein Speiſeſchrank zu ſein, ſo waͤre ich nicht ſo unbarmherzig und undankbar gegen ihn geweſen; da er aber ein großer Prophet ſein wollte, ſo fuͤhlte ſich meine eigene Eitelkeit

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/111>, abgerufen am 23.11.2024.