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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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ten uns aus und die Basen verlangten ernsthaft,
daß wir uns mit Du anreden sollten, da hier zu
Lande nichts Anderes geduldet würde unter jun¬
gen Leuten.

So wechselten wir unsere Taufnamen, ver¬
zagt und spröde; aber der meinige schlüpfte wie
ein Flötenton in mein Ohr, und als Anna schnell
und ängstlich im Schatten ihrer Bergseite ver¬
schwand und wir auf der unserigen niederstiegen,
hatte ich zwei Dinge erworben: einen großen
und mächtigen Kunstgönner, der unsichtbar über
die dämmernde Welt hinschritt, und ein aller¬
liebstes Schätzchen von meinem Alter im Herzen.


ten uns aus und die Baſen verlangten ernſthaft,
daß wir uns mit Du anreden ſollten, da hier zu
Lande nichts Anderes geduldet wuͤrde unter jun¬
gen Leuten.

So wechſelten wir unſere Taufnamen, ver¬
zagt und ſproͤde; aber der meinige ſchluͤpfte wie
ein Floͤtenton in mein Ohr, und als Anna ſchnell
und aͤngſtlich im Schatten ihrer Bergſeite ver¬
ſchwand und wir auf der unſerigen niederſtiegen,
hatte ich zwei Dinge erworben: einen großen
und maͤchtigen Kunſtgoͤnner, der unſichtbar uͤber
die daͤmmernde Welt hinſchritt, und ein aller¬
liebſtes Schaͤtzchen von meinem Alter im Herzen.


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[78/0088] ten uns aus und die Baſen verlangten ernſthaft, daß wir uns mit Du anreden ſollten, da hier zu Lande nichts Anderes geduldet wuͤrde unter jun¬ gen Leuten. So wechſelten wir unſere Taufnamen, ver¬ zagt und ſproͤde; aber der meinige ſchluͤpfte wie ein Floͤtenton in mein Ohr, und als Anna ſchnell und aͤngſtlich im Schatten ihrer Bergſeite ver¬ ſchwand und wir auf der unſerigen niederſtiegen, hatte ich zwei Dinge erworben: einen großen und maͤchtigen Kunſtgoͤnner, der unſichtbar uͤber die daͤmmernde Welt hinſchritt, und ein aller¬ liebſtes Schaͤtzchen von meinem Alter im Herzen.

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/88>, abgerufen am 21.11.2024.