grünen Gesellen mit ihren Namen begrüßen zu können; nur hinsichtlich der reichen Kräuterwelt des feuchten oder trockenen Bodens bedauerte ich erst jetzt wieder lebhaft die Unterbrechung jener botanischen Anfänge in der Schule, da ich wohl fühlte, daß für die Kenntniß dieser kleinen, aber weit mannigfaltigeren Welt einige grobe Umrisse nicht genügten, und doch hätte ich so gern die Namen und Eigenschaften aller der blühenden Dinge gekannt, welche den Boden bedeckten.
Auf den ersten Sonntag meiner Anwesenheit war schon ein Besuch verabredet worden, welchen wir jungen Leute hinter dem Walde abstatten wollten. Dort wohnte auf einem einsamen und abgelegenen Hofe ein Bruder meiner Muhme mit einer jungen Tochter, welche mit meinen Basen eine eifrige Mädchenfreundschaft pflag. Ihr Va¬ ter war früher Dorfschulmeister gewesen, hatte aber nach dem Tode seiner Frau sich in jenen beschaulichen Waldhof zurückgezogen, da er ein hinlängliches Vermögen besaß und das gerade Gegentheil meines Oheims darstellte. Während Dieser, von städtischer Abkunft und in einigen
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gruͤnen Geſellen mit ihren Namen begruͤßen zu koͤnnen; nur hinſichtlich der reichen Kraͤuterwelt des feuchten oder trockenen Bodens bedauerte ich erſt jetzt wieder lebhaft die Unterbrechung jener botaniſchen Anfaͤnge in der Schule, da ich wohl fuͤhlte, daß fuͤr die Kenntniß dieſer kleinen, aber weit mannigfaltigeren Welt einige grobe Umriſſe nicht genuͤgten, und doch haͤtte ich ſo gern die Namen und Eigenſchaften aller der bluͤhenden Dinge gekannt, welche den Boden bedeckten.
Auf den erſten Sonntag meiner Anweſenheit war ſchon ein Beſuch verabredet worden, welchen wir jungen Leute hinter dem Walde abſtatten wollten. Dort wohnte auf einem einſamen und abgelegenen Hofe ein Bruder meiner Muhme mit einer jungen Tochter, welche mit meinen Baſen eine eifrige Maͤdchenfreundſchaft pflag. Ihr Va¬ ter war fruͤher Dorfſchulmeiſter geweſen, hatte aber nach dem Tode ſeiner Frau ſich in jenen beſchaulichen Waldhof zuruͤckgezogen, da er ein hinlaͤngliches Vermoͤgen beſaß und das gerade Gegentheil meines Oheims darſtellte. Waͤhrend Dieſer, von ſtaͤdtiſcher Abkunft und in einigen
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[51/0061]
gruͤnen Geſellen mit ihren Namen begruͤßen zu
koͤnnen; nur hinſichtlich der reichen Kraͤuterwelt
des feuchten oder trockenen Bodens bedauerte ich
erſt jetzt wieder lebhaft die Unterbrechung jener
botaniſchen Anfaͤnge in der Schule, da ich wohl
fuͤhlte, daß fuͤr die Kenntniß dieſer kleinen, aber
weit mannigfaltigeren Welt einige grobe Umriſſe
nicht genuͤgten, und doch haͤtte ich ſo gern die
Namen und Eigenſchaften aller der bluͤhenden
Dinge gekannt, welche den Boden bedeckten.
Auf den erſten Sonntag meiner Anweſenheit
war ſchon ein Beſuch verabredet worden, welchen
wir jungen Leute hinter dem Walde abſtatten
wollten. Dort wohnte auf einem einſamen und
abgelegenen Hofe ein Bruder meiner Muhme mit
einer jungen Tochter, welche mit meinen Baſen
eine eifrige Maͤdchenfreundſchaft pflag. Ihr Va¬
ter war fruͤher Dorfſchulmeiſter geweſen, hatte
aber nach dem Tode ſeiner Frau ſich in jenen
beſchaulichen Waldhof zuruͤckgezogen, da er ein
hinlaͤngliches Vermoͤgen beſaß und das gerade
Gegentheil meines Oheims darſtellte. Waͤhrend
Dieſer, von ſtaͤdtiſcher Abkunft und in einigen
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/61>, abgerufen am 06.05.2024.
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