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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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werbe; denn alle öffentlich Besoldeten bilden un¬
ter sich ein Phalansterium, sie theilen die Arbeit
unter sich und Jeder bezieht aus den allgemeinen
Einkünften seinen Lebensbedarf ohne weitere
Sorge um Regen oder Sonnenschein, Mißwachs,
Krieg oder Frieden, Gelingen oder Scheitern.
Sie stehen so als eine ganz verschiedene Welt dem
Volke gegenüber, dessen öffentliche Einrichtung sie
verwalten. Diese Welt hat für Solche, die von
jeher darin lebten, etwas Entnervendes in Bezug
auf die Erwerbsfähigkeit. Sie kennen die Arbeit,
die Gewissenhaftigkeit, die Sparsamkeit, aber sie
wissen nicht, wie die runde Summe, welche sie
als Lohn erhalten, im Wind und Wetter der
Koncurrenz zusammengekommen ist. Mancher ist
sein Leben lang ein fleißiger Richter und Executor
in Geldsachen gewesen, der es nie dazu brächte,
einen Wechsel auf seinen Namen in Umlauf zu
setzen. Wer essen will, der soll auch arbeiten;
ob aber der verdiente Lohn der Arbeit sicher und
ohne Sorgen sein, oder ob er außer der einfachen
Arbeit noch ein Ergebniß der Sorge, des Ge¬
schickes und dadurch zum Gewinnst werden soll,

werbe; denn alle oͤffentlich Beſoldeten bilden un¬
ter ſich ein Phalanſterium, ſie theilen die Arbeit
unter ſich und Jeder bezieht aus den allgemeinen
Einkuͤnften ſeinen Lebensbedarf ohne weitere
Sorge um Regen oder Sonnenſchein, Mißwachs,
Krieg oder Frieden, Gelingen oder Scheitern.
Sie ſtehen ſo als eine ganz verſchiedene Welt dem
Volke gegenuͤber, deſſen oͤffentliche Einrichtung ſie
verwalten. Dieſe Welt hat fuͤr Solche, die von
jeher darin lebten, etwas Entnervendes in Bezug
auf die Erwerbsfaͤhigkeit. Sie kennen die Arbeit,
die Gewiſſenhaftigkeit, die Sparſamkeit, aber ſie
wiſſen nicht, wie die runde Summe, welche ſie
als Lohn erhalten, im Wind und Wetter der
Koncurrenz zuſammengekommen iſt. Mancher iſt
ſein Leben lang ein fleißiger Richter und Executor
in Geldſachen geweſen, der es nie dazu braͤchte,
einen Wechſel auf ſeinen Namen in Umlauf zu
ſetzen. Wer eſſen will, der ſoll auch arbeiten;
ob aber der verdiente Lohn der Arbeit ſicher und
ohne Sorgen ſein, oder ob er außer der einfachen
Arbeit noch ein Ergebniß der Sorge, des Ge¬
ſchickes und dadurch zum Gewinnſt werden ſoll,

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[400/0410] werbe; denn alle oͤffentlich Beſoldeten bilden un¬ ter ſich ein Phalanſterium, ſie theilen die Arbeit unter ſich und Jeder bezieht aus den allgemeinen Einkuͤnften ſeinen Lebensbedarf ohne weitere Sorge um Regen oder Sonnenſchein, Mißwachs, Krieg oder Frieden, Gelingen oder Scheitern. Sie ſtehen ſo als eine ganz verſchiedene Welt dem Volke gegenuͤber, deſſen oͤffentliche Einrichtung ſie verwalten. Dieſe Welt hat fuͤr Solche, die von jeher darin lebten, etwas Entnervendes in Bezug auf die Erwerbsfaͤhigkeit. Sie kennen die Arbeit, die Gewiſſenhaftigkeit, die Sparſamkeit, aber ſie wiſſen nicht, wie die runde Summe, welche ſie als Lohn erhalten, im Wind und Wetter der Koncurrenz zuſammengekommen iſt. Mancher iſt ſein Leben lang ein fleißiger Richter und Executor in Geldſachen geweſen, der es nie dazu braͤchte, einen Wechſel auf ſeinen Namen in Umlauf zu ſetzen. Wer eſſen will, der ſoll auch arbeiten; ob aber der verdiente Lohn der Arbeit ſicher und ohne Sorgen ſein, oder ob er außer der einfachen Arbeit noch ein Ergebniß der Sorge, des Ge¬ ſchickes und dadurch zum Gewinnſt werden ſoll,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/410>, abgerufen am 23.11.2024.