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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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rung nach dem Städtchen, wo ein einfaches Mahl
bereitet und fast jedes Haus in eine Herberge
umgewandelt war, sei es für Freunde und Be¬
kannte, sei es für Fremde gegen einen billigen
Zehrpfennig; denn so unbefangen, wie wir die
Aufzüge des Stückes durcheinander geworfen,
hielten wir auch für gut, sie durch eine Erho¬
lungsstunde zu unterbrechen, um nachher die ge¬
waltsamen Schlußereignisse mit desto frischerem
Muthe herbeizuführen. Der eigentliche Festwirth
hatte in Betracht des ungewöhnlich warmen
Wetters rasch den Markt, oder besser gesagt, den
ganzen und einzigen inneren Raum des Städtchens
in einen umgeschaffen; lange Tischreihen
waren errichtet und gedeckt für diejenigen der
"Verkleideten" und sonstigen Ehrenpersonen, welche
das gemeinsame Essen theilen wollten, die übrigen
besetzten die Häuser und viele einzelne Tische,
welche vor die Häuser gestellt waren. So ge¬
wann das Städtchen doch wieder das Ansehen
einer einzigen Familie, aus allen Fenstern blick¬
ten die abgesonderten Gesellschaften auf die große
Haupttafel, und diejenigen vor den Häusern sahen

rung nach dem Staͤdtchen, wo ein einfaches Mahl
bereitet und faſt jedes Haus in eine Herberge
umgewandelt war, ſei es fuͤr Freunde und Be¬
kannte, ſei es fuͤr Fremde gegen einen billigen
Zehrpfennig; denn ſo unbefangen, wie wir die
Aufzuͤge des Stuͤckes durcheinander geworfen,
hielten wir auch fuͤr gut, ſie durch eine Erho¬
lungsſtunde zu unterbrechen, um nachher die ge¬
waltſamen Schlußereigniſſe mit deſto friſcherem
Muthe herbeizufuͤhren. Der eigentliche Feſtwirth
hatte in Betracht des ungewoͤhnlich warmen
Wetters raſch den Markt, oder beſſer geſagt, den
ganzen und einzigen inneren Raum des Staͤdtchens
in einen umgeſchaffen; lange Tiſchreihen
waren errichtet und gedeckt fuͤr diejenigen der
»Verkleideten« und ſonſtigen Ehrenperſonen, welche
das gemeinſame Eſſen theilen wollten, die uͤbrigen
beſetzten die Haͤuſer und viele einzelne Tiſche,
welche vor die Haͤuſer geſtellt waren. So ge¬
wann das Staͤdtchen doch wieder das Anſehen
einer einzigen Familie, aus allen Fenſtern blick¬
ten die abgeſonderten Geſellſchaften auf die große
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[368/0378] rung nach dem Staͤdtchen, wo ein einfaches Mahl bereitet und faſt jedes Haus in eine Herberge umgewandelt war, ſei es fuͤr Freunde und Be¬ kannte, ſei es fuͤr Fremde gegen einen billigen Zehrpfennig; denn ſo unbefangen, wie wir die Aufzuͤge des Stuͤckes durcheinander geworfen, hielten wir auch fuͤr gut, ſie durch eine Erho¬ lungsſtunde zu unterbrechen, um nachher die ge¬ waltſamen Schlußereigniſſe mit deſto friſcherem Muthe herbeizufuͤhren. Der eigentliche Feſtwirth hatte in Betracht des ungewoͤhnlich warmen Wetters raſch den Markt, oder beſſer geſagt, den ganzen und einzigen inneren Raum des Staͤdtchens in einen umgeſchaffen; lange Tiſchreihen waren errichtet und gedeckt fuͤr diejenigen der »Verkleideten« und ſonſtigen Ehrenperſonen, welche das gemeinſame Eſſen theilen wollten, die uͤbrigen beſetzten die Haͤuſer und viele einzelne Tiſche, welche vor die Haͤuſer geſtellt waren. So ge¬ wann das Staͤdtchen doch wieder das Anſehen einer einzigen Familie, aus allen Fenſtern blick¬ ten die abgeſonderten Geſellſchaften auf die große Haupttafel, und diejenigen vor den Haͤuſern ſahen

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/378>, abgerufen am 17.05.2024.