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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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feierlich her; während das bunte Volk auf den
Abhängen unter den Bäumen umhersaß, tagten
die Eidgenossen in der Tiefe. Man sah dort die
eigentlichen wehrbaren Männer mit den großen
Schwertern und Bärten, kräftige Jünglinge mit
Morgensternen und die drei Führer in der Mitte.
Alles begab sich auf das Beste und mit vielem
Bewußtsein, der Fluß wogte breit glänzend und
zufrieden vorüber; nur tadelte der Schulmeister,
daß die Jungen und die Alten bei der feierlichen
Handlung keinen Augenblick die Pfeifen aus dem
Munde thäten, und kaum Walter Fürst und
Stauffacher die ihrigen bei Seite gethan hätten;
Melchthal aber, der viel Geld mit dem Ochsen¬
handel verdiente, rauchte eine Cigarre und der
Pfarrer Rösselmann schnupfte unaufhörlich. Das
störte in der That aber Niemand als den Schul¬
meister, welcher weder rauchte noch schnupfte.

Als der Schweizerbund unter donnerndem
Zuruf des lebendigen Berges umher beschworen
war, setzte sich die ganze Menge, Zuschauer und
Spieler unter einander gemischt, in Bewegung;
der größte Theil wogte wie eine Völkerwande¬

feierlich her; waͤhrend das bunte Volk auf den
Abhaͤngen unter den Baͤumen umherſaß, tagten
die Eidgenoſſen in der Tiefe. Man ſah dort die
eigentlichen wehrbaren Maͤnner mit den großen
Schwertern und Baͤrten, kraͤftige Juͤnglinge mit
Morgenſternen und die drei Fuͤhrer in der Mitte.
Alles begab ſich auf das Beſte und mit vielem
Bewußtſein, der Fluß wogte breit glaͤnzend und
zufrieden voruͤber; nur tadelte der Schulmeiſter,
daß die Jungen und die Alten bei der feierlichen
Handlung keinen Augenblick die Pfeifen aus dem
Munde thaͤten, und kaum Walter Fuͤrſt und
Stauffacher die ihrigen bei Seite gethan haͤtten;
Melchthal aber, der viel Geld mit dem Ochſen¬
handel verdiente, rauchte eine Cigarre und der
Pfarrer Roͤſſelmann ſchnupfte unaufhoͤrlich. Das
ſtoͤrte in der That aber Niemand als den Schul¬
meiſter, welcher weder rauchte noch ſchnupfte.

Als der Schweizerbund unter donnerndem
Zuruf des lebendigen Berges umher beſchworen
war, ſetzte ſich die ganze Menge, Zuſchauer und
Spieler unter einander gemiſcht, in Bewegung;
der groͤßte Theil wogte wie eine Voͤlkerwande¬

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[367/0377] feierlich her; waͤhrend das bunte Volk auf den Abhaͤngen unter den Baͤumen umherſaß, tagten die Eidgenoſſen in der Tiefe. Man ſah dort die eigentlichen wehrbaren Maͤnner mit den großen Schwertern und Baͤrten, kraͤftige Juͤnglinge mit Morgenſternen und die drei Fuͤhrer in der Mitte. Alles begab ſich auf das Beſte und mit vielem Bewußtſein, der Fluß wogte breit glaͤnzend und zufrieden voruͤber; nur tadelte der Schulmeiſter, daß die Jungen und die Alten bei der feierlichen Handlung keinen Augenblick die Pfeifen aus dem Munde thaͤten, und kaum Walter Fuͤrſt und Stauffacher die ihrigen bei Seite gethan haͤtten; Melchthal aber, der viel Geld mit dem Ochſen¬ handel verdiente, rauchte eine Cigarre und der Pfarrer Roͤſſelmann ſchnupfte unaufhoͤrlich. Das ſtoͤrte in der That aber Niemand als den Schul¬ meiſter, welcher weder rauchte noch ſchnupfte. Als der Schweizerbund unter donnerndem Zuruf des lebendigen Berges umher beſchworen war, ſetzte ſich die ganze Menge, Zuſchauer und Spieler unter einander gemiſcht, in Bewegung; der groͤßte Theil wogte wie eine Voͤlkerwande¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/377>, abgerufen am 23.11.2024.