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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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drei Jahren hätte er an zwei Louisd'or nach und
nach von ihr empfangen, der Seuberling, die elende
Krautstorze. Aber für Alles müsse er ihr eine Be¬
scheinigung zustellen, denn so wahr sie lebe, müsse
ihr Mann, der Landstreicher, ihr jeden Liar er¬
setzen, wenn er sich nur einmal sehen ließe. Die
Bescheinigungen ihres Sohnes, des Stuhlbeines,
seien sehr schön, denn derselbe könne besser schrei¬
ben als der eidgenössische Staatskanzler, auch blase
er die Clarinette gleich einer Nachtigall, daß man
weinen müsse, wenn man ihm zuhöre. Allein er sei
ein ganz miserabler Bursche, denn Nichts gedeihe
bei ihm, und so viel Speck und Kartoffeln er
auch verschlinge, wenn er mit seinem Meister bei
den Bauern auf Kundschaft gehe, Nichts helfe
es und er bleibe mager grün und bleich, wie
eine Rübe. Ein Mal habe er die Idee gehabt,
zu heirathen, da er nun doch dreißig Jahr alt
sei. Da sie aber nun gerade ein Paar Strümpfe
für ihn fertig gehabt, habe sie selbige unter den
Arm genommen, auch eine Wurst gekauft, und
sei auf das Dorf hinaus gerannt, um ihm die
saubere Idee auszutreiben. Bis er die Wurst

drei Jahren haͤtte er an zwei Louisd'or nach und
nach von ihr empfangen, der Seuberling, die elende
Krautſtorze. Aber fuͤr Alles muͤſſe er ihr eine Be¬
ſcheinigung zuſtellen, denn ſo wahr ſie lebe, muͤſſe
ihr Mann, der Landſtreicher, ihr jeden Liar er¬
ſetzen, wenn er ſich nur einmal ſehen ließe. Die
Beſcheinigungen ihres Sohnes, des Stuhlbeines,
ſeien ſehr ſchoͤn, denn derſelbe koͤnne beſſer ſchrei¬
ben als der eidgenoͤſſiſche Staatskanzler, auch blaſe
er die Clarinette gleich einer Nachtigall, daß man
weinen muͤſſe, wenn man ihm zuhoͤre. Allein er ſei
ein ganz miſerabler Burſche, denn Nichts gedeihe
bei ihm, und ſo viel Speck und Kartoffeln er
auch verſchlinge, wenn er mit ſeinem Meiſter bei
den Bauern auf Kundſchaft gehe, Nichts helfe
es und er bleibe mager gruͤn und bleich, wie
eine Ruͤbe. Ein Mal habe er die Idee gehabt,
zu heirathen, da er nun doch dreißig Jahr alt
ſei. Da ſie aber nun gerade ein Paar Struͤmpfe
fuͤr ihn fertig gehabt, habe ſie ſelbige unter den
Arm genommen, auch eine Wurſt gekauft, und
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ſaubere Idee auszutreiben. Bis er die Wurſt

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[336/0346] drei Jahren haͤtte er an zwei Louisd'or nach und nach von ihr empfangen, der Seuberling, die elende Krautſtorze. Aber fuͤr Alles muͤſſe er ihr eine Be¬ ſcheinigung zuſtellen, denn ſo wahr ſie lebe, muͤſſe ihr Mann, der Landſtreicher, ihr jeden Liar er¬ ſetzen, wenn er ſich nur einmal ſehen ließe. Die Beſcheinigungen ihres Sohnes, des Stuhlbeines, ſeien ſehr ſchoͤn, denn derſelbe koͤnne beſſer ſchrei¬ ben als der eidgenoͤſſiſche Staatskanzler, auch blaſe er die Clarinette gleich einer Nachtigall, daß man weinen muͤſſe, wenn man ihm zuhoͤre. Allein er ſei ein ganz miſerabler Burſche, denn Nichts gedeihe bei ihm, und ſo viel Speck und Kartoffeln er auch verſchlinge, wenn er mit ſeinem Meiſter bei den Bauern auf Kundſchaft gehe, Nichts helfe es und er bleibe mager gruͤn und bleich, wie eine Ruͤbe. Ein Mal habe er die Idee gehabt, zu heirathen, da er nun doch dreißig Jahr alt ſei. Da ſie aber nun gerade ein Paar Struͤmpfe fuͤr ihn fertig gehabt, habe ſie ſelbige unter den Arm genommen, auch eine Wurſt gekauft, und ſei auf das Dorf hinaus gerannt, um ihm die ſaubere Idee auszutreiben. Bis er die Wurſt

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/346>, abgerufen am 27.11.2024.