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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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bei mir führte. Auch des Abends nach Sonnen¬
untergang ging ich oft mit der Flöte noch aus,
strich hoch über den Berg, bis wo der See
in der Tiefe und des Schulmeisters Haus daran
lag und ließ dann meine selbsterfundenen Weisen
oder auch ein schönes Liebeslied durch Nacht und
Mondschein ertönen. Hierauf schien kein Mensch
zu achten oder sich wenigstens so zu stellen;
denn ich hätte sogleich aufgehört, wenn irgend Je¬
mand sich darum bekümmert hätte, und doch suchte
ich gerade dies und blies meine Flöte wie Einer,
der gehört sein will. So gingen die Sommermo¬
nate vorüber; ich verbarg das Bild sorgfältig
und gedachte es noch lange zu verbergen, indem
es von Jedermann als ein ziemlich deutliches
Geständniß der Liebe angesehen werden mußte.
An einem sonnigen Septembernachmittage, als
der herbstliche Schein mild auf dem Garten lag
und das Gemüth zur Freundlichkeit stimmte,
wollte ich eben ausgehen, als ein ganz kleines
Knäbchen mir die Botschaft brachte, ich möchte
in die größere Gartenlaube kommen. Ich wußte,
daß sämmtliche Mädchen dort mit Margot's Aus¬

bei mir fuͤhrte. Auch des Abends nach Sonnen¬
untergang ging ich oft mit der Floͤte noch aus,
ſtrich hoch uͤber den Berg, bis wo der See
in der Tiefe und des Schulmeiſters Haus daran
lag und ließ dann meine ſelbſterfundenen Weiſen
oder auch ein ſchoͤnes Liebeslied durch Nacht und
Mondſchein ertoͤnen. Hierauf ſchien kein Menſch
zu achten oder ſich wenigſtens ſo zu ſtellen;
denn ich haͤtte ſogleich aufgehoͤrt, wenn irgend Je¬
mand ſich darum bekuͤmmert haͤtte, und doch ſuchte
ich gerade dies und blies meine Floͤte wie Einer,
der gehoͤrt ſein will. So gingen die Sommermo¬
nate voruͤber; ich verbarg das Bild ſorgfaͤltig
und gedachte es noch lange zu verbergen, indem
es von Jedermann als ein ziemlich deutliches
Geſtaͤndniß der Liebe angeſehen werden mußte.
An einem ſonnigen Septembernachmittage, als
der herbſtliche Schein mild auf dem Garten lag
und das Gemuͤth zur Freundlichkeit ſtimmte,
wollte ich eben ausgehen, als ein ganz kleines
Knaͤbchen mir die Botſchaft brachte, ich moͤchte
in die groͤßere Gartenlaube kommen. Ich wußte,
daß ſaͤmmtliche Maͤdchen dort mit Margot's Aus¬

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[269/0279] bei mir fuͤhrte. Auch des Abends nach Sonnen¬ untergang ging ich oft mit der Floͤte noch aus, ſtrich hoch uͤber den Berg, bis wo der See in der Tiefe und des Schulmeiſters Haus daran lag und ließ dann meine ſelbſterfundenen Weiſen oder auch ein ſchoͤnes Liebeslied durch Nacht und Mondſchein ertoͤnen. Hierauf ſchien kein Menſch zu achten oder ſich wenigſtens ſo zu ſtellen; denn ich haͤtte ſogleich aufgehoͤrt, wenn irgend Je¬ mand ſich darum bekuͤmmert haͤtte, und doch ſuchte ich gerade dies und blies meine Floͤte wie Einer, der gehoͤrt ſein will. So gingen die Sommermo¬ nate voruͤber; ich verbarg das Bild ſorgfaͤltig und gedachte es noch lange zu verbergen, indem es von Jedermann als ein ziemlich deutliches Geſtaͤndniß der Liebe angeſehen werden mußte. An einem ſonnigen Septembernachmittage, als der herbſtliche Schein mild auf dem Garten lag und das Gemuͤth zur Freundlichkeit ſtimmte, wollte ich eben ausgehen, als ein ganz kleines Knaͤbchen mir die Botſchaft brachte, ich moͤchte in die groͤßere Gartenlaube kommen. Ich wußte, daß ſaͤmmtliche Maͤdchen dort mit Margot's Aus¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/279>, abgerufen am 23.11.2024.