Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

gutes Vetterlein, daher etwas Rechtes werdet, so
brauchet Ihr alsdann die Herren in der Stadt
gar nicht, wir wollen Euch schon zu Etwas ma¬
chen. Obgleich Euer Vater schon lange todt ist
und es dann noch länger sein wird, so hat er
doch in dieser Gegend ein solches Andenken hin¬
terlassen und Ihr selbst seid so mitten unter uns
bürgerlich, daß Ihr weiter keine Gunst brauchet,
als Euere Tüchtigkeit!"

Diese Rede, an sich etwas zu früh an mich gerich¬
tet, betrübte mich, daß ich ganz still schwieg; denn
erstens war es nun mit der Schule vorbei, was
der Mann noch nicht wußte, und zweitens fühlte
ich mich nicht nach dem Geschäftsleben hingezo¬
gen, fühlte vielmehr eine Art von Grauen vor
demselben.

Nachdem ich noch den Stall besehen und in
der Scheune jeder Kuh eine Gabel voll Klee
hinübergeschoben, verabschiedete ich mich; die Base
ließ es sich aber nicht nehmen, mich ein Stück
Weges zu begleiten, um mich schnell noch einer
anderen Base vorzustellen, wo ich mich nicht
lange aufzuhalten brauche für dieses Mal. Ich

gutes Vetterlein, daher etwas Rechtes werdet, ſo
brauchet Ihr alsdann die Herren in der Stadt
gar nicht, wir wollen Euch ſchon zu Etwas ma¬
chen. Obgleich Euer Vater ſchon lange todt iſt
und es dann noch laͤnger ſein wird, ſo hat er
doch in dieſer Gegend ein ſolches Andenken hin¬
terlaſſen und Ihr ſelbſt ſeid ſo mitten unter uns
buͤrgerlich, daß Ihr weiter keine Gunſt brauchet,
als Euere Tuͤchtigkeit!«

Dieſe Rede, an ſich etwas zu fruͤh an mich gerich¬
tet, betruͤbte mich, daß ich ganz ſtill ſchwieg; denn
erſtens war es nun mit der Schule vorbei, was
der Mann noch nicht wußte, und zweitens fuͤhlte
ich mich nicht nach dem Geſchaͤftsleben hingezo¬
gen, fuͤhlte vielmehr eine Art von Grauen vor
demſelben.

Nachdem ich noch den Stall beſehen und in
der Scheune jeder Kuh eine Gabel voll Klee
hinuͤbergeſchoben, verabſchiedete ich mich; die Baſe
ließ es ſich aber nicht nehmen, mich ein Stuͤck
Weges zu begleiten, um mich ſchnell noch einer
anderen Baſe vorzuſtellen, wo ich mich nicht
lange aufzuhalten brauche fuͤr dieſes Mal. Ich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0025" n="15"/>
gutes Vetterlein, daher etwas Rechtes werdet, &#x017F;o<lb/>
brauchet Ihr alsdann die Herren in der Stadt<lb/>
gar nicht, wir wollen Euch &#x017F;chon zu Etwas ma¬<lb/>
chen. Obgleich Euer Vater &#x017F;chon lange todt i&#x017F;t<lb/>
und es dann noch la&#x0364;nger &#x017F;ein wird, &#x017F;o hat er<lb/>
doch in die&#x017F;er Gegend ein &#x017F;olches Andenken hin¬<lb/>
terla&#x017F;&#x017F;en und Ihr &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;eid &#x017F;o mitten unter uns<lb/>
bu&#x0364;rgerlich, daß Ihr weiter keine Gun&#x017F;t brauchet,<lb/>
als Euere Tu&#x0364;chtigkeit!«</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Rede, an &#x017F;ich etwas zu fru&#x0364;h an mich gerich¬<lb/>
tet, betru&#x0364;bte mich, daß ich ganz &#x017F;till &#x017F;chwieg; denn<lb/>
er&#x017F;tens war es nun mit der Schule vorbei, was<lb/>
der Mann noch nicht wußte, und zweitens fu&#x0364;hlte<lb/>
ich mich nicht nach dem Ge&#x017F;cha&#x0364;ftsleben hingezo¬<lb/>
gen, fu&#x0364;hlte vielmehr eine Art von Grauen vor<lb/>
dem&#x017F;elben.</p><lb/>
        <p>Nachdem ich noch den Stall be&#x017F;ehen und in<lb/>
der Scheune jeder Kuh eine Gabel voll Klee<lb/>
hinu&#x0364;berge&#x017F;choben, verab&#x017F;chiedete ich mich; die Ba&#x017F;e<lb/>
ließ es &#x017F;ich aber nicht nehmen, mich ein Stu&#x0364;ck<lb/>
Weges zu begleiten, um mich &#x017F;chnell noch einer<lb/>
anderen Ba&#x017F;e vorzu&#x017F;tellen, wo ich mich nicht<lb/>
lange aufzuhalten brauche fu&#x0364;r die&#x017F;es Mal. Ich<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0025] gutes Vetterlein, daher etwas Rechtes werdet, ſo brauchet Ihr alsdann die Herren in der Stadt gar nicht, wir wollen Euch ſchon zu Etwas ma¬ chen. Obgleich Euer Vater ſchon lange todt iſt und es dann noch laͤnger ſein wird, ſo hat er doch in dieſer Gegend ein ſolches Andenken hin¬ terlaſſen und Ihr ſelbſt ſeid ſo mitten unter uns buͤrgerlich, daß Ihr weiter keine Gunſt brauchet, als Euere Tuͤchtigkeit!« Dieſe Rede, an ſich etwas zu fruͤh an mich gerich¬ tet, betruͤbte mich, daß ich ganz ſtill ſchwieg; denn erſtens war es nun mit der Schule vorbei, was der Mann noch nicht wußte, und zweitens fuͤhlte ich mich nicht nach dem Geſchaͤftsleben hingezo¬ gen, fuͤhlte vielmehr eine Art von Grauen vor demſelben. Nachdem ich noch den Stall beſehen und in der Scheune jeder Kuh eine Gabel voll Klee hinuͤbergeſchoben, verabſchiedete ich mich; die Baſe ließ es ſich aber nicht nehmen, mich ein Stuͤck Weges zu begleiten, um mich ſchnell noch einer anderen Baſe vorzuſtellen, wo ich mich nicht lange aufzuhalten brauche fuͤr dieſes Mal. Ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/25
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/25>, abgerufen am 25.04.2024.