ferez de beaux sermons francais! Que voulez- vous que je fasse! fügte ich etwas verlegen hinzu, als ich diese Rede so hastig und fließend als möglich gehalten hatte. Die Gesellschaft war sehr verwundert über diese langathmige Phrase und betrachtete mich als einen unvermutheten Teufelskerl von Franzosen, besonders da sie wegen der Schnelligkeit, mit der ich sprach, nichts davon verstanden hatten, außer dem Oheim, welcher vergnüglich lachte. Man ahnte freilich nicht, daß ich die Rede im Stillen förmlich ausgedacht und daß ich keineswegs mit dieser Geläufigkeit fort¬ zufahren im Stande wäre. Anna war die einzige Person, welche Alles verstanden, und sie sagte kein Wort hierauf und schien innerlich beleidigt zu sein, denn sie ward roth und sah verlegen vor sich nieder. Sie verstand nämlich, wie es sich später zeigte, keinen Spaß in Bezug auf die waadtländischen Geistlichen, die sie in dem An¬ flug kirchlichen Wesens, den das junge Ding nebst dem Französischen davon getragen, sehr ver¬ ehrte und deren Andenken für sie eine schöne und bewußtvolle Erinnerung war. Da ich bemerkte,
ferez de beaux sermons français! Que voulez- vous que je fasse! fuͤgte ich etwas verlegen hinzu, als ich dieſe Rede ſo haſtig und fließend als moͤglich gehalten hatte. Die Geſellſchaft war ſehr verwundert uͤber dieſe langathmige Phraſe und betrachtete mich als einen unvermutheten Teufelskerl von Franzoſen, beſonders da ſie wegen der Schnelligkeit, mit der ich ſprach, nichts davon verſtanden hatten, außer dem Oheim, welcher vergnuͤglich lachte. Man ahnte freilich nicht, daß ich die Rede im Stillen foͤrmlich ausgedacht und daß ich keineswegs mit dieſer Gelaͤufigkeit fort¬ zufahren im Stande waͤre. Anna war die einzige Perſon, welche Alles verſtanden, und ſie ſagte kein Wort hierauf und ſchien innerlich beleidigt zu ſein, denn ſie ward roth und ſah verlegen vor ſich nieder. Sie verſtand naͤmlich, wie es ſich ſpaͤter zeigte, keinen Spaß in Bezug auf die waadtlaͤndiſchen Geiſtlichen, die ſie in dem An¬ flug kirchlichen Weſens, den das junge Ding nebſt dem Franzoͤſiſchen davon getragen, ſehr ver¬ ehrte und deren Andenken fuͤr ſie eine ſchoͤne und bewußtvolle Erinnerung war. Da ich bemerkte,
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ferez de beaux sermons français! Que voulez-
vous que je fasse! fuͤgte ich etwas verlegen hinzu,
als ich dieſe Rede ſo haſtig und fließend als
moͤglich gehalten hatte. Die Geſellſchaft war
ſehr verwundert uͤber dieſe langathmige Phraſe
und betrachtete mich als einen unvermutheten
Teufelskerl von Franzoſen, beſonders da ſie wegen
der Schnelligkeit, mit der ich ſprach, nichts davon
verſtanden hatten, außer dem Oheim, welcher
vergnuͤglich lachte. Man ahnte freilich nicht, daß
ich die Rede im Stillen foͤrmlich ausgedacht und
daß ich keineswegs mit dieſer Gelaͤufigkeit fort¬
zufahren im Stande waͤre. Anna war die einzige
Perſon, welche Alles verſtanden, und ſie ſagte
kein Wort hierauf und ſchien innerlich beleidigt
zu ſein, denn ſie ward roth und ſah verlegen vor
ſich nieder. Sie verſtand naͤmlich, wie es ſich
ſpaͤter zeigte, keinen Spaß in Bezug auf die
waadtlaͤndiſchen Geiſtlichen, die ſie in dem An¬
flug kirchlichen Weſens, den das junge Ding
nebſt dem Franzoͤſiſchen davon getragen, ſehr ver¬
ehrte und deren Andenken fuͤr ſie eine ſchoͤne und
bewußtvolle Erinnerung war. Da ich bemerkte,
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/243>, abgerufen am 27.11.2024.
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